Die Anzahl der Diskussionen geht in Richtung unendlich, auch hier ist sie schon ansatzweise geführt worden: Woran liegt es, dass Hertha BSC, trotz einiger Jahre in Liga Eins und Champions League so wenig Standing hat in Berlin. Die Zahl der Antworten ist nicht geringer: Lange Zweiligajahre in jener Zeit als eh wenig Menschen zum Fußball gingen; ein Stadion, das alles mögliche ist, aber kein gemütliches Zuhause; die ehemalige Frontstadt Berlin, in “die Leute aus Heimweh hinzieh’n” und ihren Heimatverein mitbringen; die Aufgabe der innerstädtischen Heimat Wedding und der Umzug nach Charlottenburg; die Großmäuligkeit nach dem Aufstieg und der Anspruch, ab sofort und von oben verordnet “Hauptstadtclub” zu sein; und, und, und..
Und auch wenn so mancher Hertha-Fan davon schwadroniert, das heute stattfindende Spiel gegen den 1. FC Union sei ja gar kein richtiges Derby, weil es ja nicht in der ersten Liga stattfinde – Hertha BSC kann heute weit mehr gewinnen als nur die 3 Punkte, um die es neben all der Aufregung heute abend auch noch geht. Union nämlich hat zwar auch einen ganzen Sack voll Probleme, den es mit sich herumträgt und die meisten mit der Silbe “Geld” beginnen, aber in der Währung “Authentizität” können die Köpenicker baden wie einst Onkel Dagobert im Geldspeicher.
Und jedes Duell auf Augenhöhe – sehen wir mal von finanziellen und sportlichen Unterschieden ab und nehmen als Maßstab für die Augenhöhe nur die Ligazugehörigkeit – hilft Hertha sich zu verorten in Berlin. Sich an der örtlich bedingten Rivalität mit einem zwar in jeder Hinsicht deutlich kleineren, aber endlich mal ernstzunehmenden anderen Berliner Verein reibend, gewinnt Hertha an Wahrhaftigkeit. Die stärkere Authentizität der Rot-Weißen färbt ab, das blaue-weiße “Wir” hat endlich einen Gegenpart, das “Sie”, dass das “Wir” braucht, um sich zu definieren. Und von “Wir” und “Sie” hat Union jede Menge zu bieten.
Es ist zu vermuten, daß das heutige Spiel nicht nur das erste Derby dieser Art, sondern auf kurz- bis mittelfristige Sicht auch das letzte sein wird, abgesehen vom Rückspiel natürlich. Hertha strebt den sofortigen Wiederaufstieg nicht nur an, sondern stellt sich dabei bislang auch sehr gut an und Union wird den Sprung in Liga Eins wohl nicht so schnell schaffen, falls überhaupt. Das ist für Union zwar schade, denn auch die Köpenicker profitieren vom Derby, aber für Hertha ist es der deutlich größere Verlust.
Auweiha Dieses Mantraartige “Herthaisnix” ist einfach nur noch peinlich. Nur noch übertroffen durch das gebetsmühlenartige “sichselbstaufdieschulterklopfen” der Unioner.
Hertha braucht vielleicht einiges – aber Hertha braucht Union? Träumt weiter.