Wir kannten uns kaum, Du und ich. Zur Winterpause gekommen, als “Vorgriff auf die kommende Saison”, wie es immer so schön hieß. Jetzt beginnt die kommende Saison und Du bist wieder weg.
Weil Du ja nur als Vorgriff eingekauft warst, wurdest Du langsam herangeführt. So nennt sich das, wenn man in einem halben Jahr nur auf zehn Einsätze, davon nur sechs in bemerkenswerter Länge, kommt. Was besseres kann einem als Spieler, der aus dem Ausland kommt und weder Land noch Liga kennt, beim 1. FC Köln nicht passieren. Neueinkäufe, die nicht sofort funktionieren, werden bei uns nämlich gerne schnell mit dem Etikett Fehleinkauf versehen. Hätte es Mitte der Neunziger schon ein Internet, wie wir es heute kennen, gegeben, hätte Sunday Oliseh seine erste Saison beim FC sportlich wohl nicht überlebt.
Du aber, Derek, hast aber eigentlich alles richtig gemacht. Hast Dich langsam heranführen lassen, ein paar Grottenspiele hingelegt, und Dich langsam und kontinuierlich gesteigert.
Dein Problem war lange keines. Schon in der letzten Saison war das Angebot an defensiven Mittelfeldspielern groß beim FC. Petit, Pezzoni, Matip und eben Du, Derek Boateng. Dazu noch ein, zwei Spieler, die die Position spielen können. Für Dich war das nicht wichtig, denn erstens wurdest Du ja langsam herangeführt und zweitens hattest Du Dich gen Ende, zum Abschluß der Heranführerei, gegen die Konkurrenz durchgesetzt.
Geholfen hat dabei ein hohes Laufpensum, Einsatzwille und eine Ballsicherheit, die Deinen Konkurrenten um den Platz neben Petit abgeht. Noch, muß man jedenfalls im Falle des blutjungen Pezzonis sagen. Zudem scheinst Du in Mannschaft ein sehr gutes Standing gehabt zu haben. Jetzt aber hat der FC seiner Große-Namen-Sehnsucht nachgegeben und für die Position noch einen weiteren Mann verpflichtet. Maniche bräuchte wohl selbst auch noch Zeit wieder herangeführt zu werden, aber die bekommt er nun nicht, denn die beste Alternative, und das wärest Du gewesen, ist nun von Bord gegangen.
Finanziell gesehen macht das alles Sinn. Für 400.000 gekommen, liegt Dein derzeitiger Marktwert laut Transfermarkt.de bei rund 2 Millionen. Geld, daß der FC sicher gut gebrauchen kann, sei es um Maniches Handgeld zu bezahlen oder um tatsächlich noch einen offensiven Mittelfeldspieler aus dem Hut zu zaubern.
Schade ist es trotzdem.
Wer wie ich ein Herz für den argentinischen Fußball hat und damit nicht nur die Albiceleste meint, für den gibt es heute ein gar seltenes Schmankerl. Eine argentinische Klubmannschaft live und in Farbe im deutschen Fernsehen. Genauer genommen gibt es leider nur ein halbes Schmankerl.
Der “Audi-Cup” wird gespielt, in München. Die Gastgeber Bayern München, Manchester United, der AC Milan und eben – tata – Boca Juniors treffen bei diesem Miniturnier aufeinander. Heute spielen im ersten Halbfinale Boca gegen Manchester United, im Anschluß dann Bayern gegen Milan. Morgen, Donnerstag, gibt es dann das Spiel um Platz 3 und anschließend das Finale. Mit anderen Worten: Stinknormale Freundschaftsspiele mit internationaler Besetzung in ein güldenes Eventkleid gepackt.
Aber was nimmt man nicht alles in Kauf um Boca mal live im Fernsehen zu sehen. Die letzte Gelegenheit dieser Art dürfte 2001 gewesen sein, als die Xeneizes im Weltpokalfinale gegen Bayern München spielten. Dort standen sie zwar 2003 ebenfalls, aber auch der Weltpokal ist dem deutschen Fernsehen ja ohne deutsche Beteiligung zu langweilig, ebenso wie die Copa Libertadores oder andere sportlich herausragende Ereignisse an denen keine deutsche Mannschaft teilnimmt.
Es könnte also alles wunderbar sein – wenn nicht das übertragende ZDF (Sendung beginnt um 19:25 Uhr) das erste “Halbfinale” heute vollends zu einem Event-tralala degradieren würde, indem es nur die zweite Halbzeit zeigt. Mit dem Zweiten sieht man nur die Hälfte.
In Argentinien ist die Aufmerksamkeit naturgemäß eine andere. Nicht nur das Titelblatt der täglich erscheinenden Fußballbibel Olé widmet sich dem Thema (s.o.), auch die Fans Bocas sind stolz wie Oskar. Und nutzen die Gelegenheit um genüßlich über Erzfeind River Plate herzuziehen. Die nämlich sind gerade auf Canada Tour und spielen gegen so illustre Gegner wie den Toronto FC und Montreal Impact. Hui.
Der Spott der Boca Fans im Internet: “Vorsaison 09: Wir spielen nicht Soccer..
.. Wir spielen Fußball. Und zwar den Großen!
Ein Testspiel ist ein Testspiel ist ein Testspiel. Trotzdem war das gestrige Vorbereitungspiel zwischem dem 1.FC Köln und Bayern München ein besonderes. Nicht nur der Podolski-kütt-noh-hus-Hype, auch der äußerliche Rahmen und das Spiel selbst, engagiert und schnell vorgetragen, machten es zu einem besonderen.
Die Bayern, das dürfte niemand bestreiten, haben das Spiel völlig verdient mit 2:0 gewonnen. Vor allem in der ersten Halbzeit, bevor sie munter die Mannschaft durchwechselten, waren Dominanz, Ballsicherheit und Geschwindigkeit beeindruckend.
Aus Kölner Sicht dürfte in Hinblick auf die bald startende Saison das Ergebnis das Beste am gestrigen Abend gewesen sein. Klar, ich will den FC immer siegen sehen, Niederlagen sind doof. Aber die gestrige Niederlage wird, so hoffe ich, ihr gutes haben: Trotz Podolski, trotz eines noch dazu stoßenden Maniches und eines potentiellen weiteren Neuzugangs – der FC ist in seinem zweiten Jahr nach dem Aufstieg und Bayern ist Meisterschaftsfavorit. Diesen Unterschied hat man deutlich gesehen und es dürfte allzu hoch fliegenden Träumen eine gesunde Erdung verpassen.
Ein paar Erkenntnisse individueller Natur lassen sich auch ablesen: Solange Maniche sowie der noch zu erwartende Neuzugang im offensiven Mittelfeld noch fehlen und Novakovic weiter verletzt ist, kann Podolski so gut oder so schlecht sein wie er will, alleine kann er das Offensivspiel nicht stemmen. Und er (wie auch das Publikum) wird sich daran gewöhnen müssen, daß sich die Gegenspieler in besonderem Maße auf ihn konzentrieren.
Dadurch enstehen wiederum Lücken, die die positive Überraschung der bisherigen Vorbereitung, Adil Chihi, gestern nutzen konnte, um das eine oder andere Mal auf sich aufmerksam zu machen. Gleiches galt für Sanou dem allerdings frühzeitig die Luft auszugehen schien.
Sicher gab es auch schlechtes, das benannt werden muß: Petit leistete sich nicht nur vor dem 0:1 einen eklatanten Fehlpass, Womé hatte mal wieder einen seiner schlechteren Tage, die Fehlpassquote insgesamt war eindeutig zu hoch. Und ein offensives Mittelfeldspiel fand mal wieder nicht statt.
Unterm Strich bleibt, daß deutlich wurde, daß es sicher gute zehn Mannschaften geben wird, die besser sind als der FC. Und daß das auch keine Schande ist für einen Verein, der sich gerade darum bemüht aus dem Fahrstuhl auszusteigen. Und nur darum geht es.
Na? Auch schon so aufgeregt? Nur noch sechs Teilnehmer bei der offiziellen Vereinshymnen Bundesliga Abschlußtabelle, bald werden wir wissen, wer Meister ist. Juchu.
Ich jedenfalls freu mich. Auf die Zeit, in der ich mich nicht mehr dabei ertappe, daß ich zum Beispiel auf dem Fahrrad sitze und ohne Sinn und Verstand “Stern des Südens” vor mich hinsinge oder mich zu Unzeiten Frankfurter Schunkellust überkommt.
Und jetzt – Trommelwirbel, Vorhang auf, Licht aus, Spot an. The final six.
6. Eintracht Frankfurt – Im Herzen von Europa
Ich schunkel. Ich will das nicht. Muss ich aber. Und wenn ich es noch zweimal höre, fange ich an mitzusingen. Nahezu A-Capella vorgetragen, nur mit höchst zurückhaltendem Klavier begleitet, in Musik, Arrangement und Text wunderbar altmodisch. Leider war es mir nicht möglich, herauszufinden, aus welchem Jahr dieses Stückchen Musik stammt. Der Interpret ist der Polizeichor Frankfurt. Hm. Das gibt Abzüge. Auch dafür, dass es sich hier offenbar nicht um eine offizielle Vereinshymne handelt. Dafür aber dann wieder: “Der Eine liebt sein Mädchen, und der Andre liebt den Sport”. Wer braucht schon Frauen, wenn er einen Fußballverein hat? Und jetzt noch einmal hören, unterhaken und mitschunkeln.
5. Borussia Mönchengladbach – Elf vom Niederrhein
Meine Angst vor gut klingenden Hymnen der verhassten und nicht gemochten direkten Konkurrenz beschrieb ich ja schon bei Vizekusen. Und hier wirds eindeutig schwieriger. Das rockt. Im Sammelsurium der Hymnen klingt es geradezu dreckig und punkig. Der Refrain läßt sich bestimmt im sieges- oder alkoholtrunkenen Zustand wunderbar mitgrölen. Für Kölner gibts die viel hübschere Variante: “Ja, wir schmeissen Stein um Stein auf die Elf vom Niederrhein..” (Nein. Nicht wörtlich gemeint. Wirklich). Das alles gibt leider Punkte. Aber es gibt gottseidank auch Abzüge: Hymnisch mit Gänsehautfaktor ist da nichts. Musikalisch ist es ziemlich einfach. Und bitte schön – die Zeile “und fällt dann endlich mal ein Tor” – die aus der Zeile sprechende Verzweiflung finde ich als FC Fan zwar dufte, wäre ich aber Gladbacher käm ich mir da schon dämlich vor.
4. Hamburger SV – Hamburg meine Perle
Betrachten wir erstmal den Text. In Dortmund ist es doof, in Berlin auch, in Leverkusen (Allerdings!), Schalke, München, und so weiter auch. Liebe Hamburger, das ist nicht Euer Ernst, oder? Alles was Euch an tollem und erwähnenswertem zu Eurer Stadt und Euerm Verein einfällt, sind Abgesänge auf andere Städte und Vereine? Ist das nicht verdammt wenig? Also eigentlich fast gar nix? Und bitte, lieber Lotto King Karl – “Ob in Juve oder Rom”.. Die Stadt heißt Turin, nicht Juve, verstehste?
Aber gut, jenseits dessen: Gemessen an anderen Hymneninterpreten ist der eigene Stadionsprecher als in dieser Funktion schon recht charmant. Und der Refrain weiß, überprüft auf Hymnen- und Mitsingcharakter, durchaus zu gefallen. Wenn nur der dämliche Text nicht wär, dann wär da durchaus mehr drin gewesen.
3. Hertha BSC – Nur nach Hause gehn wir nicht
Bei der Hertha ist das alles ein bißchen kompliziert. Es gibt eine alte Hymne (Blau Weiße Hertha), eine neue (Nur nach Hause gehen wir nicht) und eine ganz neue (Blau und Weiß), die von der Vereinsführung eingeführt wurde, den Gefangenenchor aus Nabucco verschandelt und die kein Mensch mitsingt. So sagt jedenfalls Enno von Welt-Hertha-Linke und der muß es wissen. Entscheiden wir uns als für den goldenen Mittelweg, in dem Falle Frank Zander, denn das verbindet jeder mit der alten Dame. Liebe Herthaner, ich hab das nie ganz verstanden: Nur nach Hause geht Ihr nicht? Wie muß ich mir das vorstellen? Das Spiel ist aus und Ihr bleibt noch ‘n bisschen da? So für immer? Aber zugegeben, Sailing von Rod Stewart ist hymnisch, läßt sich wunderbar mitgröhlen und hat einen gewissen Gänsehautfaktor. Wenn nur nicht der dämliche Text wär. Und.. mal am Rande gefragt.. äh.. sind Hertha-Zuschauer nicht dafür bekannt, auch mal früher nach .. äh.. Hause zu gehen?
2. Werder Bremen – Lebenslang Grün-Weiss
Ich bin nicht sicher, ob dies eine spezielle oder die einzige Version ist, oder ob die Werderaner das Lied erst seit der im Stück besungenen Saison 03/04 trällern. Daß sie seitdem immer davon singen, daß sie Meister und Pokalsieger sind, find ich dann ja doch ein ewig vermessen. Aber die Bremer machen das ganz gut. Eine richtige Band (Ja, liebe Freunde aus Hannover, Wolfsburg und Konsorten, sowas gibts) spielt das Ding souverän runter ohne sich in musikalischen Eitelkeiten zu ergehen, gleiches gilt für den Gesang und der Refrain ist Fußballhymnenanschaungsmaterial. Es gibt mit Sicherheit abermillionen bessere Musikstücke, aber rein hymnentechnisch machen die Bremer einfach nichts verkehrt. Hymne wie es sein muß. Volle Punktzahl. Wenn auch die völlig falschen Vereinsfarben. Wer will schon ein Leben lang in so häßlichem Grün Weiß rumlaufen?
1. 1. FC Köln – Mer stonn zo Dir, FC Kölle
Was soll ich sagen? Ich war mindestens ebenso wie Ihr gespannt, wer denn da auf Platz Eins landen würde, und wie der FC abschneiden würde. Bis zum letzten Augenblick hab ich gezittert und gebangt – aber dann: Durchmarsch. Start-Ziel-Sieg. Ü-ber-rag-end! Der kölsche Dialekt gibt volle Punktzahl in Sachen Lokalkolorit, der Text transportiert worauf es bei einer Hymne ankommt (Mer jon met dir wenn et sin muß durch et Füer) und beinhaltet soviel Wahrheit (Üvverall jitt et Fans vom FC Kölle), das schottische Originallied eignet sich wunderbar um von vielen Kehlen laut gesungen zu werden. Klare Meisterhymne. Ganz objektiv. Ohne jede Vereinsbrille. Ehrlich. Ich schwöre. Oder so. Ich hör sie mir gleich nochmal an.
willkommen zum zweiten Teil der OBVA – der Offiziellen Bundesliga Vereinshymnen Abschlußtabelle. Gestern führten wir uns die Plätze 18 bis 13 zu Gemüte, wer das überlebt hat, darf heute Platz 12 bis 7 geniessen.
Was es mit dem ganzen auf sich hat und welche Kriterien ich herangezogen habe, gibt es alles im ersten Teil zu lesen – Neueinsteiger müssen sowieso bei Platz 18 17 anfangen. Die ganz Grausigen auslassen güldet nicht.
Platz 12 bis 7:
12. VfB Stuttgart – VfB – I steh zu Dir
Wenn ich nach dem fürchterlichsten deutschen Dialekt gefragt werde, dann fällt meine Wahl auf Schwäbisch. Wem das ähnlich geht, muss jetzt ganz tapfer sein. Oder hört sich das besser erst gar nicht an. Aber lasse ich mal meine persönliche Abneigung beiseite, muss ich aus genau diesem Grund Punkte geben. Denn schließlich muss eine gute Vereinshymne Lokalkolorit verbreiten. Und da ist “VfB – I steht zu Dir” eine der wenigen löblichen Ausnahmen. Musikalisch ist das alles nicht so schön. Der Schal läßt sich bestimmt ganz wunderbar dazu hochrecken und im Takt schwenken, aber gerne macht man das nicht. Zur Ehrenrettung der VfB Fans sei gesagt, daß weder Heinz Kamke noch der von ihm befragte Experte besonders stolz auf dieses Machwerk zu sein scheinen. Verständlich. Trotz der Lokalkoloritextrapunkte.
11. Hannover 96 – 96 Alte Liebe
Warum zum Teufel fällt es sovielen Hymnenschreibern so schwer, Arrangements zu schreiben, die über das Niveau einer Stadtfestkapelle hinaus gehen? Der Refrain klingt schon tausendmal gehört, der Drumcomputer trommelt einfallslos vor sich hin, das Klavier klimpert gelangweilt im Versuch Richard Claydermann Konkurrenz zu machen, der Gesang muß unbedingt das Ende einer jeden einzelnen Zeile mit unnötigen Koloraturen (“Wahahahahand”) veredeln, vermutlich weil man das so macht. Was überhaupt ein gutes Motto für das gesamte Lied ist: So macht man Vereinshymne. Glaubt man in der Provinz jedenfalls. Aber wirklich spannend ist was anderes. Was ja wiederum gut zu Hannover passt. Aber eines hätte ich gerne noch erklärt bekommen: Die Zeile “Doch in der größten Not rudern wir gemeinsam im roten Fußballboot” – What the fuck?
10. Borussia Dortmund – Wir halten fest und treu zusammen
Schingerassabumm! Die Bergmannskapelle haut auf die Zymbeln. Ein musikalisches.. ähm.. Kleinod aus dem Jahre 1934. “Ball-Heil-Hurra! Borussia!” heißt es im Refrain, was 2003 in “Hipp-Hipp-Hurra! Borussia” geändert wurde, weil anrüchig, aber schon zwei Jahre später wieder zurückgeändert wurde. Überhaupt, der Text: “Wir haben stets einen heiteren Sinn, sind lustig, nie verzagt. Wir kennen keine Feindschaft nicht, wir schaffen Hand in Hand.” Schalke gabs damals noch nicht, hm? Überhaupt Schalke: Liebe verfeindete Ruhrgebietler, Ihr müsst jetzt ganz stark sein: Die schwarzgelbe und die blauweiße Hymne klingen wirklich verdammt ähnlich.
9. Schalke 04 – Blau und Weiß wie lieb ich dich
Wir schreiben das Jahr 1924. Der erste Weltkrieg liegt zwar schon fünf Jahre hinter uns, aber marschiert wird immer noch gerne. Dazu spielt die Marschkapelle im Schunkelrhythmus, wo man mit muss – mit Betonung auf muss. Es singt sich ein Männerchor, wie sich das gehört, im Exerziertempo durch die Straßen Gelsenkirchens. Die Melodie prügelt sich weniger eingängig ins Ohr als manch modernes Hymnenmachwerk, aber das ist auch schon so ziemlich das Beste was sich sagen läßt. Obskurste Textzeile: “Mohammed war ein Prophet Der vom Fußballspielen nichts versteht Doch aus all der schönen Farbenpracht Hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht”. Äh. Ja. Der Mohammed wars also. Ja. Kennt man ja: Blau-Weiß, die Farben des Islams.
Eigentlich gleichwertig mit der Dortmunder Hymne. Nur: die Schalker Hymne ist zehn Jahre älter.
8. FC Bayern München – Stern des Südens
Eigentlich erstaunlich: Der FC Bayern, konservatives Großunternehmen Nummer Eins im deutschen Fußball, hat eine der rockigsten Hymnen der Liga. Wenn der Sänger nicht vergeblich versuchen würde, wie Klaus Meine zu klingen, könnte man es vielleicht sogar mögen. Aber um ehrlich zu sein: Das eignet sich besser für einen ordentlichen Blockpogo und selbst, wenn wir mal ignorieren, daß da in der Allianz Arena gar nicht soviel Platz zum Pogen sein dürfte, eine Hymne sollte doch ein wenig mehr.. hymnisches mitbringen. Graues Mittelmaß. Was den Bayern sicher nicht mal schlecht tut.
7. VfL Bochum – Bochum
Ja nun. Rein musikalisch betrachtet, ist dieses Stück Musik vermutlich ganz weit vorne in diesem Sammelsurium an musikalischen Absurditäten und Schrecklichkeiten. Und ein Loblied auf die eigene kleine schmutzige (Liebe Bochumfans, das ist jetzt gar nicht böse gemeint) Stadt zu haben, das jeder kennt, ist auch ganz cool. Wenn darin noch die Zeilen “Wer wohnt schon in Düsseldorf?” und “Machst mit dem Doppelpass jeden Gegner nass, du und Dein VfL” drin auftauchen, ist das auch ziemlich gut. Aber, seien wir ehrlich, bei allem Verständnis dafür, dass das Eure Hymne ist – so eine wirkliche Fußball-Vereins-Hymne ist das nicht. Und so toll ist Grönemeyer nun wirklich nicht.
Nun beginnt also die Zeit der Tipprunden für die kommende Saison. Stundenlanges Knobeln über dem Chefkicker (oder eines der Konkurrenzprodukte) steht an, Zu- und Abgängen werden auswendig gelernt, Spielpläne herangezogen, komplizierte Berechnungen angestellt.
Könnt Ihr Euch alles sparen. Ich beginne nämlich hier und heute damit, Euch das tabellarische Ergebnis der kommenden Saison zu verraten. Das mag überraschen, schließlich ist noch kein Ball gerollt, kein Tor geschossen, aber ich habe eine höchst zuverlässige und wissenschaftliche Methode gewählt, die jeder Überprüfung standhält und präsentiere hiermit den ersten Teil der:
Die Vereinshymnen-Bundesliga-Abschlußtabelle.
Ich begab mich also auf die Suche quer durchs Netz nach den Vereinshymnen der 18 Bundesligisten. Was sich als schwieriger erwies als ich gedacht hätte. Manche Vereine haben gar keine Hymne, aber Lieder, die als die Vereinshymne gelten, andere haben mehrere, wieder andere haben eine, lassen die aber in den Katakomben verstauben.
Die Kriterien sind klar: Eine Hymne ist eine Hymne ist eine Hymne. Mitsingbar und -gröhlbar muß sie sein, Wir-Gefühl transportieren, im Idealfall hat sie einen Bezug zur Region. Und wie steht es um die musikalischen und textlichen Qualitäten?
Nun denn, Vorhang auf. Nachdem ich diese Machwerke viele Male hörte, ist mir klar geworden, daß ich es niemandem zumuten kann, alle 18 Hymnen auf einmal anzuhören. Und ja, es besteht Anhörpflicht. Ja, jedes einzelne Stück.
Also bekommt Ihr das ganze in drei handlichen Posts serviert. Was allerdings den Nachteil hat, daß Ihr heute nur das schlimmste zu hören bekommt.
Et Voila:
18. TSG Hoffenheim –
Nüscht. Keine Tradition, keine Hymne. Nicht mal ein Fanlied, das inoffiziellen Hymnencharakter hätte. Aber es dauert sicher nicht mehr lang, dann kauft sich Herr Hopp den Herrn Bohlen. Bis dahin (und dann vermutlich immer noch): Klarer Absteiger Nummer 1. Gleich durchgereicht in die Oberliga.
17. SC Freiburg – Das Badnerlied
Freiburg muß auf einem Abstiegsplatz landen, denn eigentlich kann dieses Lied nicht als Vereinshymne gelten. Und wenn dann nicht für Freiburg. Oder nur halb. Denn mehr noch ist es die Hymne des Karlsruher SC. Vor allem und eigentlich aber Badens. Punktabzug auf allen Ebenen also. Bedank dich also artig bei Hoffenheim, daß Du nicht Letzter geworden bist, Freiburg. Und in Sachen Schingerassabumm kommen da auch noch bessere Sachen. Obskurste Textzeile: “Der Bauer und der Edelmann, Das stolze Militär, Die schau’n einander freundlich an”. Freiburg eben.
16. 1. FC Nürnberg – Die Legende lebt
Ich habe im Zuge dieses Vorhabens viel schreckliche Musik gehört, dazu zählen nicht nur die 18 17 Hymnen, sondern auch potentielle weitere Hymnen. Ich schwöre, ich hab sie alle durch gehört. Vom ersten Ton bis zum letzten. Und nie fiel es mir schwerer als hier. Jedesmal zuckte mein Finger auf dem Mausknopf schon nach den ersten Takten, nur unter größter Willensanstrengung war es mir möglich ein sofortiges Ausschalten zu verhindern. Und so mußte ich mit anhören, wie sich auf schrecklichem Keyboardteppich ein Panflötenimitat breitmacht. Als ob eine echte Panflöte nicht schon schlimm genug wär. Sind wir hier bei Gheorghe Zamfir oder was? Stehen wir in der Fußgängerzone und haben Inka-Ponchos an? Die Relegationsspiele gehen haushoch verloren. Klarer Absteiger!
15. VfL Wolfsburg – Grün Weiss VfL
Billigstplastikplaybackmusik der schlimmsten Sorte. Der Refrain ist irgendwo geklaut, ich komm leider nicht drauf wo. Dann plötzlich, mitten in der Strophe eine synkopenhafte Verschiebung zum Walzertakt hin – das soll anspruchsvoll sein, ist es aber nicht und betrunken kann da kein Fußballfan mehr mitsingen. Klingt auch scheisse, weil nach Alleinunterhalterdrumcomputer. Der größte Lacher ist jedoch die erste Strophenzeile: “Wolfsburg ist ‘ne grüne Stadt – Die einiges zu bieten hat”. Also bitte. Ein gewisses Maß an Selbstüberschätzung muss einer Vereinshymne natürlich immanent sein, aber das geht nun doch zu weit. Liebe Wolfsburger, bei Euch ist nichts los. Und lieber VfL – Ihr seid jetzt Meister, habt einen Konzern im Rücken, der Euch Millionen so in den Hintern schiebt, daß sie zu den Ohren wieder rauskommen – schickt den Alleinunterhalter in Rente und leistet Euch eine Band.
14. Bayer Leverkusen – Leverkusen, Wir stehen zu Dir
Natürlich kann ich meine Vereinsbrille nicht ablegen. Und so fürchtete ich im Vorfeld des Vorhabens, am Ende würde zum Beispiel Leverkusen vorne stehen müssen, ich würde sie aber künstlich abwerten, was mir wiederum unangenehm wäre und so weiter und so fort. Ich hatte ja keine Ahnung. Noch nie in meinem Leben habe ich dieses Lied gehört. Wann und wo auch? Wichtiger aber: Ich möchte es auch nie wieder hören. Dabei hat dieses Lied durchaus Qualitäten, wenn auch unfreiwillige. Der objektive (naja gut..) Zuhörer starrt nämlich während der 4:18 Minuten auf den Lautsprecher, lauscht dem Gesang und weiß nicht ob er lachen oder weinen soll. Macht der Sänger das extra? Dieses Geknödel? Dann singt er “Baaaayer Nuuull Viier” und man weiß: Der singt im normalen Leben Ozzy Osbourne Coversongs und macht das absichtlich. Wenn auch nicht gekonnt. Dazu gniedelt fast ununterbrochen völlig unmotiviert eine Sologitarre im Hintergrund. Sorry, das reicht noch nicht mal für graues Mittelmaß. Zum Glück. Und äh.. “Deutscher Meister werden wir beim nächsten Mal”. Sorry. Das wird nichts.
13. 1. FC Mainz 05 – Wir sind nur ein Karnevalsverein
Bei so manchem Verein ist unklar, was denn nun eigentlich die Vereinshymne ist. Bei Mainz 05 ist es recht einfach: Die Rheinhessen haben keine Vereinshymne. Aber, so klärt mich Peter Schmitt vom 05er Fanblog auf, wenn es ein Lied gibt, daß dem nahe kommt, dann eben “Wir sind nur ein Karnevalsverein”. Da werden natürlich sofort Erinnerungen wach: Frühe Achtziger, der Spielbeobachter lernt im Müngersdorfer Stadion, was es heißt, wenn man sich den Hohn und Spott der Gegner (Ihr seid nur ein..) aneignet und zu eigener Stärke umdichtet (Wir sind nur ein..). Doch halt – das Müngersdorfer steht in Köln. Aber ok, wir wollen mal nicht so sein – liebe Mainzer, ihr seid auch ein Karnevalsverein. Massive Abzüge in der A-Note (Keine wirkliche Hymne) und B-Note (Alles nur geklaut). Sorry, Peter.
Das wars erstmal. Bis zum nächsten Mal, wenn es wieder heißt: Wer wird Deutscher Meister? Zurück ins Funkhaus.
Als vor gut einem Jahr der portugisische Mittelfeldspieler Petit als neuer Spieler des 1. FC Köln vorgestellt wurde, war das Erstaunen groß und der Widerhall größer. Der ehemalige Mittelfeldstar der portugisischen Nationalmannschaft beim Aufsteiger.
Am Ende der vergangenen Saison mußte man festhalten: Petit war ein großer Gewinn für den FC. Auch wenn es immer wieder Phasen sowohl in der Hin- als auch in der Rückrunde gab, in denen das “ehemalig” besonders deutlich wurde. Petits Zenit ist vorüber. Ansonsten, machen wir uns nichts vor, würde er auch nicht beim FC spielen.
Dennoch war der Pittbull wieder und wieder in der Lage zu helfen, zu führen, wegzugrätschen, die meisten Kilometer zu laufen und am häufigsten gefoult zu werden, was zugegebenermaßen keine Leistungs Petits ist, aber seinen Wert zeigt. Merke: Auch ein großer Name, der seine besten Zeiten schon gesehen hat, kann von großem Nutzen sein.
Eine wichtige Rolle mag dabei der Charakter des kleinen Portugiesen gespielt haben. Petit ist alles andere als eine Diva. Sein Spitzname zeugt von seinen Stärken: Kämpfen, Beissen, Kratzen. Flanieren und Herumstehen gehören nicht dazu.
Nun also Maniche. Ungeliebt bei Atlético. Aufgefallen hauptsächlich durch Eskapaden, wie sich das dann im Fußballdeutsch nennt. Spanische Journalisten wissen zu berichten, daß Atléticos Funktionäre sich mit dem Rauswurf Maniches selbst ein Bein stellten: Dieser habe mit seinen vielen Strafen quasi ihr Gehalt bezahlt. Dem damaligen Trainer warf er vor versammelter Mannschaft die Worte „Was hast DU in deiner Karriere eigentlich gewonnen? Wer bist DU, dass DU MIR so etwas sagst?“an den Kopf. Allem Anschein nach also eine Diva.
Über den neuen Trainer des 1. FC Köln, Zvonimir Soldo, kann man nach wie vor nicht viel sagen. Eines aber scheint sich deutlich abzuzeichnen: Disziplin ist ihm sehr wichtig, der Kölner Stadtanzeiger nennt ihn gar Disziplinfanatiker. Die falsche Schuhwahl beim Mittagsessen, ein Mobiltelefon im Bus oder eine Minute Verspätung bringen den Trainer auf die Palme und Geld in die Mannschaftskasse.
Machen wir also bereit für das spannendste Duell der kommenden Saison beim 1. FC Köln: Trainer versus Mittelfeldstar. Und hoffen dabei auf den Trumpf, der schon beim Transfer ausschlaggebend war: Ein sehr enger Freund Maniches nennt sich nämlich Pitbull und ist alles andere als eine Diva.
Aus gegebenen Anlaß übergebe ich heute das Wort an Sasha:
Wer dieses wunderfeine Blog desöfteren genießt wird nicht umhin gekommen sein zu bemerken, dass die Sympathien hier uneingeschränkt den zwei edelsten rot-weißen Vereinen in Deutschland zugeteilt sind. Huldigung und Zuneigung werden nur durch eine Farbe ergänzt, und zwar das gottgleiche Celeste Argentiniens. Dem aufmerksamen Leser dieses Blogs wird ebenso nicht entgangen sein, woher diese Leidenschaft stammt. Vor viel zu langer Zeit unternahmen der Spielbeobachter und ich eine Reise nach Argentinien und kamen vollends gauchoisiert wieder zurück. Nach etlichen Monaten hatten wir zahlreiche Erfahrungen und Erkenntnisse angesammelt und brannten darauf diese den armen Ungläubigen zu offenbaren. So war nun endlich die nervenaufreibende Frage nach dem besten Fußballer aller Zeiten geklärt sowie die ernüchternde Gewissheit erlangt, dass jedes Rindfleisch außerhalb Argentiniens wie Pappe schmeckt.
Selbstredend hatten wir auch jeweils einen Fußballverein für uns entdeckt. Meine Wahl fiel auf Estudiantes La Plata. Und da eben jener Club in der heutigen Nacht furios den Copa Libertadores eroberte, darf ich mich heute hier als Gastredner austoben und dem verehrten Publikum erklären, wie diese Leidenschaft entbrannte.
Morgens um halb fünf in Deutschland: Links geht die Sonne auf, rechts bereiten sich via Stream die Hinchas von Estudiantes aufs Feiern vor.
Groundhopping und das intensive Anbahnen von Vereinsliebschaften auf Reisen in fernen Ländern ist nicht jedermanns Sache. Viele verweigern sich dieser Promiskuität und beschränken sich in ihrer Leidenschaft auf den einen und einzigen Verein. Dies sei ihnen gegönnt. In meinem Fall ist dies nicht so. Die Entdeckung fremder Länder verläuft nicht nur diagonal durch deren Küchen und Kneipen sondern eben auch durch deren Stadien. Dies hat zudem auch noch den Vorteil, dass man entgegen der „Wahl“ des ersten Herzensvereins, die zumeist eine eher willkürliche und unbewusste ist, hier mit objektiven Kriterien herangehen kann und den Club, der am besten zu einem passt, erwählen kann.
Die erste Adresse war für uns beide schon Sekundenbruchteile nach der Wahl des Reiselands klar – Union de Santa Fé! Dieser sympathisch verlotterte Zweitligist musste zweifellos beehrt werden und das wurde er auch. Noch heute verfolgen wir in sporadischen Abständen die Entwicklungen unserer ersten Begegnung mit Fußball auf dem argentinischen Kontinent. Doch wir wollten mehr. So schäbig das jetzt klingen mag: Ein Erstligist musste her. Senor Spielbeobachter ließ sich nicht lange bitten und machte umgehend eine elegante Punktlandung bei Independiente. Diese, durchaus respektable, Wahl ließ in mir die Nervosität wachsen. Natürlich konnte ich ihm nicht einfach hinterherwatscheln. Ich wollte meinen eigenen Weg finden und graste daher verzweifelt die möglichen Clubs nach Übereinstimmungen mit meiner Person ab.
Schließlich fiel mein Blick auf die Studenten aus La Plata. Meine Sympathie mit diesen rotweißen Vorstadtkickern mag auf den ersten Blick banal erscheinen. Eine Mannschaft, die sich „Estudiantes“ nennt, gewinnt tatsächlich im Jahr globaler Studentenrevolten 1968 den Weltpokal – das hatte was! Erstes Interesse war geweckt, ich begann zu justieren. “La Pincharrata”, wie der Spitzname der Studenten auch ist (kommt von der berühmten medizinische Fakultät der Uni La Plata, dessen Studenten dafür berüchtigt sind, besonders gerne Ratten aufzuspießen) befindet sich irgendwo im tristen Grenzbereich der Diskussion um die Großen Fünf oder auch Sechs. River, Boca, Independiente und San Lorenzo sind hier unbestritten dabei. Ob aber nun daneben noch Racing, Velez oder eben Estudiantes in den argentinischen Fußballolymp gehören, darum ranken sich endlose Debatten und Streitereien. (Nach dem Gewinn des vierten Copas, umsäumt von einem Weltpokal und vier Meisterschaften erübrigt sich in meinen Augen diese unsägliche Kleingeisterei!)
Große Teile der legendenumwogten Geschichte der Estudiantes entdeckte ich erst nach und nach. Dabei bin ich weit entfernt diese gewaltreichen Episoden der Vereinsgeschichte gutzuheißen, doch sie verliehen den Studenten Konturen und wirkten gegen das graue Bild eines mittelmäßig erfolgreichen Vereins, der seine besten Zeiten hinter sich hatte. Dieser Club hatte Geschichte gemacht, wenn auch nicht im positiven Sinne, aber er stellte etwas dar. Auch die Spuren der beiden Verons, die mit Estudiantes eng verbunden waren, trugen dazu bei, mir diesen Verein immer sympathischer zu machen. War ich doch schon vorher ein glühender Anhänger von Veron gewesen, dessen Spiel mich stets begeistert hatte, wenn ihm auch die großen Erfolge verwehrt blieben. Und so wuchs und gedieh meine Zuneigung. Sollten sie doch alle mit ihren vor Tradition berstenden Hauptstadtvereinen posen – ich hatte meine fußballerische Heimat in Argentinien gefunden.
Die letzten Jahre gaben mir dann aber auch noch hinsichtlich des Erfolgs Recht. Hätte selbst ich im Jahre 2003 nicht mit einem Titel für Estudiantes gerechnet und mich demütig auf einen baldigen Erfolg des Pokalkrösus’ Independiente eingestellt, konnte ich bar vor Staunen 2006 den Gewinn der argentinischen Meisterschaft feiern. Mein Ein-Mann-Auto-Korso (ohne Auto aber mit argentinischer Flagge!) durch den Friedrichshain wird für alle Zeiten in den Annalen dieses Bezirks bleiben. Nur wenige Jahre später sitze ich nun hier, immer noch reichlich übernächtigt und kann es immer noch nicht fassen – die Copa nach 39 Jahren! Ein erfülltes Fußballleben liegt hinter mir, doch außer ein paar tollen Aufstiegen und schon längst vergilbten Erinnerungen an längst vergangene Oberligameisterschaften habe ich nicht sonderlich viele Titel als Fan ansammeln dürfen. Und nun das. Obwohl ich mich vielleicht ein wenig überfordert fühle, kann ich nicht behaupten, dass es sich schlecht anfühlt.
Stadioneröffnung. Das haben sich die Jugendlichen selbst aufgebaut und so.
Gesichter, in denen sich Stolz, Rührung und eine kleine Portion Fremdeln widerspiegeln. Überspannte, elektrisch summende Aufgeregtheit. Zwei Stunden vor Spielbeginn im Stadion, um jeden Zentimeter ehrfurchtsvoll zu bestaunen. Feststellen, daß Block J dank des neuen Netzes vor dem Block deutlich an Sichtqualität verloren hat. Elegantes und unauffälliges Wechseln in Block M. Neue Heimat?
Stadionbauer J. und Stadionbauer A. nachts um Drölf im 5 Z. beim wohlverdienten Feierabendbier.
Die alte Alte Försterei ist weg. Noch einmal schleicht leises Bedauern über den Verlust über die neuen Stufen. Die alten, wackligen, sandigen Stufen waren doch auch ganz schön. Nach Hause kommen, und das Zuhause ist gar nicht mehr das alte Zuhause. Komisches Gefühl.
Freuen auf den Zweitligaalltag. Leises Hoffen, daß es dann nicht mehr ganz so voll ist. Pickepacke dichtgedrängt stehen ist schön, aber so ist das nun wirklich ‘ne janz enge Kiste. Nichtsdestotrotz immer wieder gegenseitiges Schulterklopfen – ein reines .. nunja.. fast reines.. Stehplatzstadion. Der wohl größte Triumph der ganzen Sache.
Zwischendurch: Ein Fußballspiel. Die Blau-Weißen zeigen ab und an auf, wie das so ist, im großen Fußball, und was die Rot-Weißen noch lernen müssen, im Vergleich zu Liga 3. Hertha gewinnt klar und deutlich und verdient, ist aber auch egal. Das 3:5, zeitgleich mit dem Schlußpfiff wird bejubelt wie ein 1:0 in der 90. Minute eines Finales. Wir sind heute nur zum Feiern hier.
An Absurdität nicht zu überbietende Hertha-Ultras. Köpenick ist bekannt für wenig Stimmung? Süß. Das Olympiastadion ist ja, wie jeder weiß, hingegen stets ein wahrer Hexenkessel.
Vier Stunden nach Betreten des Tempels hinaus. Und endlich mal wieder in die Abseitsfalle. Die hat nun wirklich gefehlt, da im Exil. Wie sovieles Andere auch.
Das haben sich die Jugendlichen selbst aufgebaut. Let there be Rock.
Ein hoch dramatisches Finale. Alles andere wäre wohl arg untertrieben.
Vor dem letzten Spieltag der argentinischen Clausura 2009 , der am vergangenen Wochenende statt fand, standen die beiden sich im Estadio José Amalfitani von Sarsfield gegenüber stehenden Mannschaften auf den ersten beiden Plätzen der Tabelle. Underdog CA Huracán, 1973 das erste und letzte Mal argentinischer Meister, vor dem Spieltag auf Platz 1 zu Gast bei Vélez Sársfield, ein Punkt dahinter, sechsmal argentinischer Meister. Entscheidungsspiel am letzten Spieltag also.
Und es war ein Spiel, dessen Dramatik der Ausgangssituation würdig war: In der 19. Minute wird das Spiel erstmals unterbrochen – wegen Hagelschlags. 24. Minute – Elfmeter für Vélez, berechtigt, wie man dazu sagen muß angesichts des weiteren Spielverlaufs. Gaston Monzón, Torwart Huracáns hält. Mit 0:0 geht es in die Pause, Huracán, in den letzten Jahren deutlich häufiger in der 2. Liga zu finden, ist Meister zu diesem Zeitpunkt.
In der 83. Minute dann kommt es zum folgenschweren Duell: Monzón und Vélez-Stürmer Joaquín Larrivey strecken sich am Fünf-Meter-Raum beide im vollem Tempo zum Ball, Montón ist schneller und erwischt den Ball, Larrivey hingegen kommt zu spät und springt mit beiden Beinen in den gegnerischen Torwart. Der kann dadurch den Ball nicht kontrollieren, Larriveys Teamkollege Maxi Moralez kommt an den Ball und schlägt ihn ins Tor. 1:0. Wütende Tumulte, in Folge dessen das Spiel ein zweites Mal unterbrochen wird, sind die Folge, doch weder diese noch eine 13 minütige Nachspielzeit nutzen Huracán etwas. Am Ende ist Vélez zum siebten Mal Meister und Huracán fühlt sich betrogen.
Bedenkt man allerdings die Tendenz der letzten Jahre, daß in Argentinien fast jeder Meister werden kann, sollte es nicht wundern, wenn Huracán bald wieder eine Chance hat.