“Die jehörn einfach in die erste Lija.” S. ist gebürtiger Köpenicker und seit vielen Jahrzehnten Fan des 1. FC Union Berlin. Gemeint ist aber nicht der gut aufspielende Zweiliga-Aufsteiger, sondern der andere Verein der Stadt, der im Profifußball zu finden ist, die Hertha aus Charlottenburg. Wie man weiß, spielen die gerade am Rande des Abgrunds der ersten Liga, im freien Fall gen Liga Zwei.
Und S. ist nicht der einzige, der in Berlin so denkt und spricht. Andere schreiben auch so. Das Mitleid geht um.
Mitleid für einen Verein, der es nach der 16 jährigen Zweitligazugehörigkeit zwischen 1980 und 1996 (unterbrochen von zwei Erstligajahren, die jeweils auf dem 18. Platz endeten und zum sofortigen Wiederabstieg führten) nie geschafft hat, sich in Berlin eine nennenswerte Basis in der fußballinteressierten Bevölkerung der Stadt aufzubauen. Der seine Heimspiele zum Ende dieser Zweitligazugehörigkeit mit einem geschätzten Zuschauerschnitt von Sechseinhalbtausend regelmäßig vor einer Geisterkulisse austrug. Der nach dem Wiederaufstieg zur Saison 97/98 sogleich auf dicke Hose machte, sich fortan Hauptstadtverein nannte und davon sprach, zukünftig Deutschland regelmäßig in der Champions League zu vertreten. Dessen Heimspiele zu besuchen eine Qual ist, weil die Fahrt dahin mit den Öffentlichen nur selten nicht vom U-Bahnlied begleitet wird. Dessen Fans sich die Auswärtsspiele in Köln gerne in der FC-Kneipe angucken, weil alle anderen fußballzeigenden Kneipen lieber die Bundesliga-Konferenz zeigen als Hertha – mitten in Berlin. Der sich im zurückliegenden Sommer endlich vom BesondersDickeHosenMann Hoeneß trennte, um Kontinuität reinzubringen – um sich anschließend beim ersten Gegenwind geschwind vom Trainer zu trennen.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Häme verspüre ich nicht. Dazu kenne ich die emotionalen Abgründe, die sich in einer solchen Situation auftun, leider zu gut. Und es gibt ohne Frage auch nette Herthaner, denen dies nicht gegönnt sei.
Warum ich – oder sonst jemand – aber Mitleid mit einem Verein haben sollte, den auch sonst niemand interessiert (es sei denn der Verein spielt ausnahmsweise mal um die Meisterschaft, dann ist das Eventpublikum da), leuchtet mir nicht ein. Hertha ist mir im besten Falle egal und mir fallen aus dem Stegreif mehrere Händevoll Vereine ein, die mir sympathischer sind. Traurig wäre ich nicht, würde das Potjomkinsche Dorf, das Hertha spätestens seit Wiederaufstieg darstellte, qua Abstieg in sich zusammenfallen. Nicht zuletzt deswegen, weil in Sachen Operation Nichtabstieg jeder Verein, der hinter dem FC steht, ein guter Verein ist.
2. Liga als Durchgangsstation In den 80ern war Hertha ja auch sogar mal dirttklassig. Ich denke, das sollte das Ziel sein