Nach dem 1. Spieltag: Alle 32 Kandidaten im Schnelldurchlauf.

Der erste Spieltag des großen Fußballzirkustreffen in Südafrika ist vorbei und alle Mannschaften haben sich einmal vorgestellt. Das Stochern im Nebel bezüglich der Form und Fähigkeiten der 32 Mannschaften ist also vorbei. Ist es? Nein, natürlich nicht, denn zu wenig sind die jeweiligen Gegner zu vergleichen. Aber der erste Eindruck ist nur einmal machbar. Hier alle antretenden Mannschaften im Überblick:

Südafrika:
Trötseidank – Der Gastgeber macht keine so jämmerliche Figur, wie von manchem befürchtet. Vielleicht spielen die Südafrikaner außerhalb des eigenen Landes auch nur so schlecht, weil sie sich dort plötzlich untereinander verständigen können? Wunderschönes Eröffnungstor durch Tshabalala. Die Chancen, tatsächlich die Vorrunde zu überstehen, sind gegeben, bedenkt man, daß sich der Rest der Gruppe mit Ruhm bekleckerte.

Mexiko:
Schweres Auftaktspiel, weil der Gegner der Gastgeber war. Schwungvoller Beginn, der den Anspruch ins Achtelfinale einzuziehen, untermauerte. Dazu allerdings müssen sie sich in Zukunft daran erinnern, daß Tore auch geschossen werden müssen und nicht nur Chancen erarbeitet werden, wobei der Torwart der Südafrikaner auch eine ziemlich gute Partie spielte. Um weit zu kommen, muß da allerdings mehr kommen.

Uruguay:
Das Spiel der Südamerikaner erinnerte mich an den Effzeh der letzten Saison: Vorrangig auf die Defensive beschränkt und vorne drin mit Forlan ein Stürmer, der was kann, aber keine Tore schießen kann, weil er dauernd damit beschäftigt ist, überall auf dem Platz das Spiel anzukurbeln. Was ihm allerdings nur mäßig gelingen konnte.

Frankreich:
Puh. Das war mau. Sehr mau. Alle Prophezeiungen über eine nicht funktionierende Mannschaft und die düsteren Prognosen, die aus der holprigen Qualifikation abgelesen wurden, scheinen einzutreffen. Wer allerdings (wie ich z.B.) jetzt schon Abgesänge anstimmt, vergisst, daß der Start der Franzosen 2006 ähnlich mau war – und wo sind sie am Ende gelandet? Eben.

Südkorea:
Verdienter 2:0 Sieg gegen Griechenland. Das war allerdings nicht allzu schwer. Bedenkt man, daß die weiteren Gegner Argentinien und Nigeria heißen, dürfte es schwer werden für die Südkoreaner in Sachen Achtelfinale.

Griechenland:
Neueste Berichte sprechen davon, daß Otto Rehagel seinen Abschied für den Moment des Ausscheidens angekündigt haben soll: So sagen wir also: Tschüss Otto. Genieß die letzten beiden Spiele. Versuch deinen Spielern noch einmal beizubringen, daß ein Fußballspiel etwas mit Fußballspielen zu tun hat. Meinetwegen in Form kontrollierter Defensive. Das wär ja schon mal etwas.

Argentinien:
Größtes Manko: Das Spiel hätte nicht 1:0 ausgehen dürfen. Messi, Tevez und Co. hatten weit mehr Chancen und zu wenig daraus gemacht. Ansonsten aber: Ja. Argentinien hat eine Visitenkarte abgeben, auf der “Titelfavorit” steht. Was daraus wird, ist eine andere Frage.

Nigeria:
Diese Afrikaner könnten tollen Fußball spielen, wenn sie nicht so verspielt wären, rubenbauert es regelmäßig aus allen Kanälern, wenn eine afrikanische Mannschaft bei einer WM aufläuft. Alles Käse. Nigeria spielt einen sehr athletischen Fußball, waren allerdings von der individuellen Klasse der Argentinier überfordert – zum Ausgleich hätten sie trotzdem kommen können. Dass sie diese Chance allerdings überhaupt hatten, lag daran, daß Vincent Enyeama die bislang beste Torwartleistung des Turniers zeigte.

Algerien:
Das wird sehr schwer für die Nordafrikaner. Wenn sie diese Slowenen nicht schlagen können, wen dann? Gut, Pech hatten sie: Die gelb-rote Karte war ein bißchen hart, das Gegentor ein Torwartfehler. Ein Spiel aber, dass einen Sieg ermöglicht hätte, war nicht zu sehen.

Slowenien:
Ich bin da ein wenig voreingenommen, natürlich. Der Kölner Miso Brecko und Millivoje Novagoal stehen im Aufgebot. Beide allerdings knüpften an die Leistungen der letzten Saison an. Das war ziemlich viel Murks. Aber wer weiß, wozu sie in der Lage sind, wenn sie sich nicht verpflichtet fühlen, etwas für das Spiel zu tun.

England:
Der Spott war und ist groß, nicht nur aufgrund des katastrophalen Torwartfehlers. Zu Unrecht allerdings, wie ich finde. Gegen gut stehende und spielende US-Amerikaner erspielten sie sich manche Großchance und scheiterten häufig am guten Torwart der Gegner. Glorios war das alles nicht, ohne Frage, aber gegen Slowenien und Algerien wird das anders aussehen.

USA:
Kampfstarker Auftritt der US-Amerikaner. Bestnoten konnte sich vor allem Tim Howard im Tor verdienen – kaum vorstellbar, daß Slowenien oder Algerien in der Lage sein könnten, dieses kompakt stehende Team zu besiegen. Was die US-Amerikaner allerdings im Angriff zu leisten vermag läßt sich nur erahnen.

Serbien:
Gerne würde ich behaupten, dass es den Serben schwer war, da sie ja ab der 74. Minute mit zehn Spielern auskommen mussten. Tatsache aber ist: Das war auch vor dem Platzverweis nüscht. Gar nüscht. Am erschreckendsten war mangelhafte Ballbehandlung. Jeder Fehlpass war ein Anlass zur Freude – denn er bedeutete, dass der Ball vorher erfolgreich angenommen worden war. Was selten geschah. Im nächsten Spiel gegen Deutschland muß die Mannschaft ein völlig anderes Gesicht zeigen.

Ghana:
Allzu schwer machten es ihnen die Serben nicht, und trotzdem brauchten sie einen Elfmeter um zum Torerfolg zu kommen. Allerdings gilt auch für sie, was für Nigeria gilt: In Sachen Athletik voll und ganz auf der Höhe, keine einfach zu spielende Mannschaft. Nach dem ersten Spieltag in dieser Gruppe durchaus ein Achtelfinalekandidat.

Australien:
Statt sich hinten reinzustellen, versuchten die Australier mitzuspielen. Das sah gut und gefährlich aus, jedenfalls die ersten fünf Minuten. Anschließend wurde diese diese taktische Tollkühnheit durch eine sehr gut spielende deutsche Mannschaft bestraft, spätestens nach der völlig überzogenen roten Karte war das Spiel gelaufen für die Australier. Wenn sie so mutig bleiben und hinten weniger schlafmützig werden, könnten es interessante Partien gegen Serbien und Ghana werden.

Deutschland:
Ohne Frage spielte Deutschland sehr überzeugenden Fußball. Dass Australien ihnen dazu die entsprechenden Räume schenkte, sollte allerdings nicht unterschätzt werden. Die Visitenkarte aber wurde abgegeben. Was die gezeigte hohe Spielkultur wert ist, wird man allerdings erst gegen zweikampfstärkere Gegner sehen. Ganz abgesehen von der Frage ob Özil, Müller und Konsorten in der Lage sind diese Leistungen konstant zu bieten.

Niederlande:
Im Gegensatz zu den meisten anderen Titelfavoriten hatten die Holländer mit Dänemark einen richtigen Gegner. Um in Führung zu gehen, brauchten sie schon ein kurioses Eigentor dieses Gegners. Letzendendes jedoch war der Sieg souverän. Kein Glanzstück, aber für hübschen Fußball gibt es auch keine Preise. Und: Ab jetzt dürfte es für die Nachbarn nur noch einfacher werden.

Dänemark:
Der erwartet schwere Defensiv-Brocken. Nach vorne war da nicht viel zu sehen, verständlich aber, dass man nicht versucht, ausgerechnet gegen die sturmstarken Holländer mit hohem Risiko zu spielen. Sollten die weiteren Gegner in der Gruppe ihre derzeitige Form beibehalten, sehen wir die Dänen in der nächsten Runde wieder.

Japan:
Das war… äh.. ja: Schlecht. Zum Glück für die Japaner allerdings war der Gegner noch schlechter. Im schlechtesten Spiel der WM nutzen die Japaner die eine Torchance, die sie hatten. Drei Punkte sind drei Punkte. Aber eigentlich dürften sie nicht weiterkommen.

Kamerun:
Kamerun, mir graust vor Dir. Kein System, keine Ordnung, kein Spielwitz, keine Ideen. Ungefähr in der 85. Minute begannen die Afrikaner den Eindruck zu erwecken, daß sie ein Tor schießen wollten. Eto’o litt am Forlan-Syndrom: Wie ein Tor erzielen, wenn man sich dieses selbst vorbereiten muß? Und bitte, lieber Kameruner: Gibt es wirklich keinen besseren Torwart als Hamidou Souleymanou, der jeden einzelnen Ball fallen ließ?

Neuseeland:
Erster Punkt ever und drittes Tor bei einer Weltmeisterschaft erreicht – und das durch eben jenes Tor in der 93. Minute. Neuseeland wird jetzt schon nicht völlig unzufrieden nach Hause fahren. Eine Chance auf das Achtelfinale haben sie wohl trotzdem nicht.

Slowakei:
Wer sich gegen den vermeintlich schwächsten Gruppengegner in der 93. Minute die Butter vom Brot nehmen läßt, wird es schwer haben, weiter zu kommen. Mehr gibt es zu diesem alles andere als überzeugenden Spiel nicht sagen. Vielleicht reicht es dennoch, um den Italienern ein Bein zu stellen.

Italien:
Das Spiel über weite Strecken in des Gegners Hälfte halten zu können, reicht nicht. Gute Torchancen wurden sich dabei nämlich kaum erspielt. Mangelndes Engagement kann man den Italienern nicht vorwerfen, die Abwesenheit von spielerischer Klasse schon. Wer das Gezeigte allerdings mit den Leistungen anderer Favoriten vergleicht, sollte die Stärke des Gegners mit ein berechnen. Und: Eine schlechte Vorrundenleistnug hat Italien noch nide daran gehindert, weit zu kommen.

Paraguay:
Gut verteidigt gegen den großen Favoriten der Gruppe. Offensiv allerdings, aus meiner Sicht, ein wenig enttäuschend – es ist natürlich völlig legitim, sich gegen Italien weitesgehend auf die Defensive konzentrieren zu wollen, von den Paraguayos hätte ich allerdings erwartet, dass sie sich mehr zutrauen. Genau genommen kamen mir sogar Zweifel, ob sie viel mehr können. Für das Achtelfinale müsst es trotzdem reichen.

Elfenbeinküste:
Gruppe G gilt gemeinhin als Todesgruppe, bei der eine starke Mannschaft auf der Strecke bleiben muss. Und genauso spielten die Afrikaner: Bloß nicht verlieren, vielleicht eine kleine Sensation gegen Brasilien schaffen und ansonsten höher als die anderen beiden Gruppenfavoriten gegen Nordkorea gewinnen. Defensiv war das gut, offensiv völlig fruchtlos.

Portugal:
Siehe Elfenbeinküste. Christiano Ronaldio hat einmal beinahe geheult, als er in der 11. Minute nur den Pfosten traf.

Brasilien:
Gegen die Mann und Maus verteidigenden Nordkorea war Geduld angesagt. Etwas für das die Südamerikaner nicht gerade berühmt sind. Hatten sie trotzdem, bis sie schließlich die Lücke fanden und das Spiel auch verdient gewannen. Viel Aussagekraft in Hinsicht auf das weitere Auftreten der Brasilien hatte das Spiel allerdings nicht, Abgesehen von der belegbaren Vermutung, dass Lucio nicht mehr der schnellste ist.

Nordkorea:
Mann und Maus, mit Leib und Seele – die Verteidigung war das oberste und einzige Prinzip der Asiaten. Das haben sie gegen den fünffachen Weltmeister und Titelfavoriten gut gemacht. In Gefahr bringen konnten sie die Südamerikaner allerdings nie wirklich, dazu fehlten in der Offensive Präzesion, die oftmals zugunsten von Geschwindigkeit im Passpiel verloren ging.

Honduras:
Gestartet als einer der exotischen Außenseiter haben die Honduraner auch nicht viel mehr bieten können als das. Immerhin einen recht guten Torwart konnten sie aufweisen. Am Ende mussten sie sich allerdings beim Gegner und dessen mangelnder Chancenverwertung bedanken, dass die Niederlage nicht höher ausfiel.

Chile:
Die Unterschätztesten zeigten, warum sie als 2. die südamerikanische Qualifikation abschloßen: Schwungvoller und technisch versierter Fußball, dem man allerdings anmerkte, dass der wichtigste Mann, Stürmer Humbero Suazo fehlte: Deutlich höher hätte der Sieg gegen Honduras ausfallen müssen. Ob das Gezeigte etwas über die Stärke der Chilenen aussagt, oder “nur” auf die eher schwache Vorstellung der Honduraner, wird sich zeigen müssen.

Spanien:
Böse, böse, böse. Circa siebenunddreisstausendmillionen Prozent Ballbesitz. Zwischendurch sehr guten Fußball gespielt, mit Ballstaffetten, wie sie selten zu sehen waren bei dieser WM. Einmal an der Latte und unzählige Male am Schweizer Torwart Benaglio gescheitert. Nur zwei Torchancen zugelassen. Und trotzdem verloren. Viel gibt es nicht zu meckern, vielleicht die fehlende Präzesion beim letzten Pass und ein wenig Kuddelmuddel in der Abwehr bei den beiden Chancen der Schweizer. Honduras sollte schlagbar sein, gegen die Chile muss es dann sitzen.

Schweiz:
Die größte Überraschung. Allerdings nur vom Ergebnis. Ansonsten zeigten die Schweizer lediglich, dass sie es schaffen können, 96 Minuten den eigenen Strafraum zu verteidigen. Was sie mit Verve und Tücke taten. Zudem: Diese WM scheint ein Turnier der bemerkenswerten Torhüterleistungen zu werden, ob so oder so, ob durch großartige Paraden oder Klamaukvorstellungen wie im Falle des Kameruner Torwarts. Diego Benaglio gehörte eindeutig zur ersteren Sorte.

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