Europäischer Fußball aus England

Vor einigen Jahren noch geisterte ein Schreckgespenst durch die Köpfe ergrauter Fußballfunktionäre. Genau genommen schreckte es sie selbst keineswegs, die €-Zeichen Franken-, DM-, Lire-, Peseten- und Pfund-zeichen in den Augen der Herren blinkten in allen fröhlichen Farben. Die Europaliga sollte kommen und das große finanzielle Glück mit sich bringen.

Und damit war mitnichten die ab nächster Spielzeit eingeführte Europa League, der Ersatz für den “Cup der Verlierer”, gemeint. Nein, die europäischen Spitzenmannschaften sollten in einem geschlossenen Ligabetrieb dauerhaft gegeneinander spielen und somit nicht nur eine Art von Europameister küren, sondern vor allem viel Geld generieren. Später schloßen sich die grauen Herren im Verbund der G14 zusammen und scheiterten ein letztes Mal im Frühjahr 2006 mit dem Versuch die Qualifikation zur Champions League via Meistertitel (bzw. den Platz 2 – 4) abzuschaffen.

Längst jedoch ist die Idee umgesetzt. Die Europaliga existiert, sie nennt sich “The Big Four” und spielt in der Premier League in England. Drei der Big Four stehen im Champions League Halbfinale, nur Liverpool schied schon im Viertelfinale aus (gegen Chelsea, also einen der drei anderen) – mit englischem Fußball hat das trotzdem nichts zu tun.

Von den 40 Spielern, die von den drei Vereinen im Rückspiel des Viertelfinales eingesetzt wurden, stammen: 8 aus England, 6 aus Frankreich, 4 von der Elfenbeinküste, je 3 aus Brasilien und Portugal, 2 aus Holland und Serbien, sowie je 1 Spieler aus Polen, Kamerun, Spanien, Togo, Dänemark, Irland, Wales, Bulgarien, Tschechien, Ghana, Deutschland und Argentinien.
Die Trainer der drei Mannschaften kommen aus Frankreich, Schottland und Holland. Chelsea FC gehört einem Russen, Manchester United einem US-Amerikaner.

Nun gut, könnte man sagen, die besten Spieler der Welt gehen nun mal dahin, wo das Geld ist, daß es – auch wenn es das gute alte Kick & Rush auch unter anderen Umständen heute so vielleicht nicht mehr geben würde – einen Unterschied zwischen englischem Fußball und Fußball aus England gibt, ist da eine normale Folgeerscheinung.
Mit dem Kick & Rush verschwand allerdings auch alles, was englischen Fußball ausmachte und ihn zum Protagonisten des neuen Corporate Football machte: Es wird kaum noch gesungen, die Stimmung wird allen Ortens als mau bezeichnet, die Ticketpreise sind unbezahlbar, Schwalben – einst ein großes Tabu in England – werden geduldet und und und.

Der englische Fußball ist, zumindestens aus der Spitze, verschwunden. Eine neue oder veränderte und möglicherweise bereicherte Identität, jenseits von globaler Beliebigkeit, ist nicht auszumachen.

Heute abend spielen Manchester United und Arsenal London um den Einzug ins Finale der Champions League. Hoffen wir auf guten Fußball – denn wer sich von den beiden am Ende durchsetzt, ist völlig egal.

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