Die Metamorphose eines Artikels

Irgendwie werd ich sie nicht los, die Rolle als Medienkritikaster. Dabei hab ich nun schon oft genug hier und vor aller Welt Besserung gelobt. Aber die folgende kleine Geschichte ist eigentlich zu schön, um sie unerwähnt zu lassen.

Gestern berichtete ich von der Vorstellung des neuen Trainers des 1. FC Köln, Ståle Solbakken. Nachdem ich meinen kleinen, schlurchigen Eindruck abgeschickt hatte, warf ich einen schnellen Blick in die Medienlandschaft, um zu sehen, welche Reaktionen dort zu lesen seien. Dabei fiel mir, wie ich dann auch in einem P.S. zu meinem Artikel erwähnte, in einem Artikel des Kölner Stadtanzeigers folgender Satz auf: “Auch von der ansässigen Presse hat Solbakken laut eigenen Angaben viel Gutes gehört”.

Ein Hohn, dieser Satz, denn jedem Menschen mit einem Hauch von Wissen über die Geschichte des 1. FC Köln und seinem Verhältnis zu den Kölner Medien war klar, dass Solbakkens lachend vorgetragenes Statement (“The way Cologne sold the club to me was very, very honest, they said that the press here was very very nice”) nichts weiter als gutgelaunte Ironie war.

Nun gut. Die Kölner Presse verkauft einen ironischen Seitenhieb als ernsthaftes Lob. Darüber kann man sich ein wenig aufregen, muss man aber nicht. Es gibt Wichtigeres.

Doch offenbar war ich nicht der Einzige, dem dieser Satz aufstieß, in verschiedenen Foren wurde darüber geschrieben und vor allem: Unter dem Artikel fanden sich Kommentare, die sich kritisch mit ihm auseinandersetzten.

Irgendwann im Verlauf des gestrigen Tages oder Abends verschwand dann dieser Artikel und an seiner statt erschien ein neuer Artikel mit dem Titel “Stale Solbakken stellt sich vor” – allerdings unter dem gleichen Link zu erreichen, was bedeutet, dass die sich auf die merkwürdige Interpretation des Solbakkenschen Satz beziehenden Kommentare weiterhin lesbar sind.

Oder besser: waren. Heute morgen nämlich passiert zweierlei: Zum Ersten kommentiert der Kölner Stadtanzeiger seinen eigenen Artikel in Bezug auf die kritischen Kommentare und bittet die Leser “die tatsächlichen Zusammenhänge zu prüfen, bevor Sie unseren Autor diffamieren”, der Artikel sei nämlich gar nicht von einem Redakteur des Hauses, “dieser Artikel war der Text einer Presseagentur, wie Sie im Kürzel am Ende des Artikels erkennen konnten.” Abgesehen davon, dass der interessierte Leser nichts mehr erkennen kann, da der ursprüngliche Artikel verschwunden war – googelt man den Satz, um den es geht, nämlich “Auch von der ansässigen Presse hat Solbakken laut eigenen Angaben viel Gutes gehört”, so findet man Links zum Kölner Stadtanzeiger sowie zu diversen Foren und diesem kleinen Blog hier. Mit anderen Worten: Handelte es sich um den “Text einer Presseagentur”, so war offensichtlich außer der größten seriösen Zeitung vor Ort niemand im ganzen weit(entfernt)en Land der Meinung diesen übernehmen zu müssen. Hm. Hm.
Zum zweiten – rund zwei Stunden später – verschwindet der neue Artikel “Stale Stolbakken stellt sich vor” aus dem Internetauftritt des Kölner Stadtanzeiger (ist allerdings noch über den von mir angegebenen Link auffindbar und auch, wenn man explizit nach dem Titel sucht, über die Suchmaske der Zeitung zu finden) und wird durch den Artikel “Deutsch als erste Verpflichtung” ersetzt. Dieser ist hundertprozentig deckungsgleich mit seinem Vorgänger, nur der Link und der Titel ist ein anderer. Und, huch, die kritischen Kommentare sind auch verschwunden, die stehen ja schließlich unter dem alten Artikel.

Qualitätsjournalismus, altes Haus, sag mal, brauchst Du mal ein bisschen Nachhilfe?

So, und nun wieder zu Wichtigerem.

Liebe Marketingfuzzis von Adidas,

Ihr habt Euch ja offenbar gedacht, dass es in Zeiten von Social Media und Konsorten to-tal toll cool krass wäre, zu jedem neuen Adidas Trikot ein Video auf YouTube zu veröffentlichen, in dem dieses vorgestellt und von einem Mann, der vermutlich einen Trikotdesigner darstellt oder vielleicht auch einer ist, was ziemlich egal ist, fachmännisch kommentiert wird. Super Sache. To-tal innovativ.

Nun sehe ich das Trikotpräsentationsbegleitvideo über das neue Auswärtstrikots des FC Schalke 04 und sehe nicht nur, sondern höre auch und bin.. ja nun.. verdutzt.

“Das Besondere am Design ist die Nadelstreifenoptik (Dramatische Musik) Sie erinnert an eins der beliebtesten Trikots aus den frühen achtziger Jahren (Dramatische Pause in dramatischer Musik) Spieler und Fans sollen dadurch auch motiviert werden, an alte Erfolge von früher anzuknüpfen.”

Ähm.

Also, Jungs, ich bin nicht so ganz sicher, ob ich Euch folgen kann.

Welche Erfolge in den frühen Achtzigern meint Ihr denn so? Den ersten Bundesligaabstieg des FC Schalke 04 in der Saison 80/81? Oder den im Jahr 83?

Oder gehts um die Aufstiege? Demnach sollen also die Schalker Spieler versuchen an die Aufstiegserfolge anzuknüpfen? Wenn sie erst mal abgestiegen sind, oder wie oder was?

Ich bin verwirrt.

Seht Ihr, Ultras, so wird das gemacht

Choreos, wie es im Fachjargon heißt, sind ja eine hübsche Sache. Nicht meine, aber hübsch, durchaus. Der damit einhergehende Wettbewerb um die schönste, größte, tollste, hastenichgesehen Choreo, ist auch nicht meiner, aber ich kann zumindestens nachvollziehen, wie und wo das ins Spiel kommt, das das eigentliche Spiel am Rande begleitet.

In Sachen größer jedenfalls gibt es seit der gestrigen Nacht eine neue Messlatte. Die Fans des CA Peñarol aus Montevideo, Uruguay haben sie gelegt, im Copa Libertadores-Gruppenspiel gegen den argentinischen Nachbarn Independiente von anderen Seite des Rio de la Plata. Knapp ein Viertel der Zuschauerränge des 76000 Zuschauer fassenden Estadio Centenario war zu Beginn beider Halbzeiten von einer großen Blockfahne bedeckt – wohl die größte der Welt, so wird behauptet und ich habe keinen Zweifel daran, dass das nicht stimmt.

Hat aber auch nur bedingt genützt: Das Spiel ging verloren, das Überstehen der Gruppenphase für Peñarol war allerdings schon vorher klar.

Und jetzt Ihr.

Unerbetene Einmischung.

Zum Glück geht mich das alles gar nichts an. Ist ja nicht mein Verein. Und dazu noch nicht mal einer, der besonders hoch in der Rangliste meiner Wertschätzung steht. Aber wundern, wundern tut es mich schon. Die Vorkommnisse selbst, aber auch die von mir wahrgenommene Reaktion.

Die Rede ist vom deutschen Vorzeigeverein, dem FC Bayern München und den Auseinandersetzungen zwischen Vorstand und Fans.

Ich bin viel zu weit weg, als dass ich mir in der Sache, bzw. den Sachen, die da von allen Seiten be-stritten werden, ein Urteil leisten wollte oder könnte. Das ist nun auch wirklich nicht meine Baustelle. Liebe Bayern, macht nur, zerfetzt Euch gegenseitig, wenn Ihr unbedingt müsst. Was ich allerdings nicht verstehe, und auch wenn es so aussehen mag, möchte ich damit den schwarzen Peter keineswegs ausschließlich in Richtung Vereinsführung schieben, ist das stümperhafte Kommunikationsverhalten der Selbigen.

Sicher, die beiden Fälle, die für den Streit sorgen, sind sehr unterschiedlich. Die Verpflichtung eines von Teilen der aktiven Fanszene zur Persona Non Grata erklärten Spielers zu erklären, mitzuteilen, vielleicht gar schmackhaft zu machen, ist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Und ja, bei jedem Transfer die Fans zu befragen, ist nicht nur unmöglich, sondern gewiss auch kontraproduktiv. Im Fall der potentiellen weiteren finanziellen Unterstützung des TSV 1860 sehe ich mehr Spielraum, denn Sachargumente bieten die Möglichkeit das mit- oder gegenstreitende Gegenüber abzuholen, mitzunehmen.

Wie gesagt: In den Streitfällen will ich gar keine Position beziehen. Der Streit selbst allerdings ist merkwürdig: Er findet nämlich gar nicht statt, jedenfalls auf der einen Seite. Und diese Seite wundert sich nun in empörten Worten darüber, dass der Streit eskaliert. Wird nicht in jedem mittelmäßigen Unternehmensberaterseminar die Lehre von der Wichtigkeit der Kommunikation wiederholt, bis das Bullshitbingothermometer in viele tausend Stücke zerspringt? Kann wirklich die Notwendigkeit bestehen, der Führung des FC Bayern diesbezüglich ein Memo zu schicken? Im Jahr 2011?

Dass es im Verein schon seit vielen Wochen rumort, kriegt man sogar in Berlin mit. Warum, weshalb, weswegen – nicht nur nicht mein Bier, sondern vor allem: Nebensächlich. Nicht nebensächlich: In dieser Situation veröffentlicht der Club Nr. 12, wenn ich das richtig verstanden habe, eine Art der Dachverband der Fanclubs des FC Bayern, in Sachen möglicher Löwen-Unterstützung einen offenen Brief an die Vereinsführung, in Persona Uli Hoeneß, der im Thema zwar klar und deutlich ist, im Ton meiner Meinung aber nach recht sachlich. Unterzeichnet von 130 Fanclubs. Und dann: Ohne jegliche Reaktion seitens der Vereinsführung.

Ähm. Und diese Vereinsführung wundert sich dann, wenn der Streit eskaliert? Ginge man davon aus, sie wäre auf der Höhe der zeitgenössischen Kommunikationserkenntnisse, so müsste man vermuten, sie suchte mit dieser Nichtreaktion den Konflikt. Als wüßte sie nicht, wie immanent wichtig Identitätspolitik für einen Fußballverein (der ja lobenswerterweise tatsächlich noch ein Verein ist) ist, als wäre es völliges Erkenntnisneuland, dass Fußballfans anders behandelt werden müssen als Kunden an der Wursttheke, da ihre Anwesenheit und ihr Verhalten mit zum Produkt gehört, es aufwertet.

Ohne Frage ist die Empörung über die als Reaktion auf die Nicht-Reaktion gewählten Worte auf Spruchbändern und Transparenten verständlich. Die Wut aber, die hinter den Worten und den vielen, vielen umgedrehten Zaunfahnen steckt, die haben sie sich zu einem nicht geringen Teil selbst zuzuschreiben.

Lese ich allerdings Nichtreaktions-Reaktion-Reaktionen in den verschiedenen Bayern-Blogs, die ich besuche, muss ich mich fragen, ob ich das alles richtig verstanden habe. So schreibt zum Beispiel das von mir geschätzte Fernglas FCB sinngemäß, dass Kritik ja durchaus in Ordnung sei, aber niemand erwarten könne gehört zu werden. Und dann eben geschwiegen und hingenommen werden müsse, dafür gäbe es ja einmal im Jahr eine Mitgliederversammlung. Hm, vielleicht fehlen mir zum Verständnis des allgemeinen und insbesonderen Miteinander beim Rekordmeister, zum Verständnis des Münchner Oben und Unten, bayrische Gene.

Soll ja meine Sache auch nicht sein. Versprochen, ich halts dann zukünftig wieder mit Knorkator.

Sportblogger-Beitrag des Jahres 2010

Der aufmerksame Beobachter wird es schon gemerkt haben: Mir fehlt grad ein wenig die Zeit, mich mit Muße dem geschriebenen Wort zu widmen. Welch glücklicher Zufall, dass da eine Aktion des Sportblogger-Netzwerkes, in dem der Spielbeobachter (also icke jetzt) auch Mitglied ist, daher kommt, die Euch einige lesenswerte Perlen des vergangenen Jahres näher bringt. In mühervoller Kleinarbeit haben nämlich die Sportblogger-Netzwerker elf Sportblog-Beiträge nominiert, aus deren Mitte es nun den Besten der Besten zu wählen gilt. Von Euch. Und allen anderen, die ihre Stimme abgeben mögen. Nur lesen (und gucken) kann man natürlich auch, es lohnt sich in der Tat.
Die letzte Organisation des Ganzen haben dankenswerterweise Jens von Catenaccio und Trainer Baade übernommen. Letzterer hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, die nominierten Beiträge mit ein paar einleitenden Worten vorzustellen, Ihr findet also alle bei ihm, genauer gesagt hier. Abstimmen könnt Ihr da auch, da gibt es ein kleines, praktisches Tool am Rand.
Um nicht allzu bescheiden zu wirken, sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich auch zu den Nominierten gehöre, zwar nicht mit einem Beitrag, sondern mit mehreren, dafür allerdings mit wenigen Worten: Um meine Infografikmassaker geht es dabei. Ich fühl mich geehrt (wirklich jetzt), was Sinn für Euch ergeben wird, sobald Ihr Euch die erlesene Auswahl an Artikeln zu Gemüte geführt habt, es lohnt sich, aber das sagte ich schon einmal.
Viel Spass.

War es ein Elfmeter?

Paulo Roberto Falcao
(Kommentator von TV Manchete, Brasilien)
Es ist sehr schwer zu sagen; ich bin nicht sicher, obwohl ich es mehrere Male im Fernsehen gesehen habe. So oder so, ich glaube der Sieg Deutschlands geht in Ordnung.

Victor Hugo Morales
(Reporter von Radio Continental)
Nein, war es nicht. Jenseits dieser Anekdote denke ich, dass der Schiedsrichter maßgeblichen Einfluss daran hatte, dass die Nacht deutsch gefärbt wurde. Ich zweifle zusätzlich an Monzóns Platzverweis, der viel entscheidender war, da er den Fortgang des Spiels weit mehr beinflusste als der Elfmeter.

Alfredo di Stefano
(Kommentator des spanischen Fernsehens)
Es war kein Elfmeter, daran habe ich keinen Zweifel.

Hugo Sanchez
(Spieler für Real Madrid und Kommentator für Televisa, Mexiko)
Für mich gab es einen Kontakt, darüber hinaus muss man zwei weitere Dinge erwähnen: Völlers Fähigkeit zu fallen und die Unreife Sensinis mit der Situation umzugehen. Ich glaube, dass der Schiedsrichter sehr mutig war, so kurz vor Schluß einen Elfmeter zu geben, andere hätten das Spiel in die Verlängerung gehen lassen.

Jose Altafini
(Ehemaliger brasilianischer und italienischer Auswahlspieler und aktueller Kommentator für Telemontecarlo)
Für mich war der Elfmeter durch Völler keiner, aber der davor beim Foul Goycocheas an Augenthaler. Der Schiedsrichter gab den zweiten um zu kompensieren, dass er den ersten nicht gegeben hatte.

Karl-Heinz Heimann
(Chefredakteur der Zeitschrift Kicker, Deutschland)
Ich habe viele Zweifel, insofern war es zumindest kein klarer Elfmeter. Aber mich hat Argentiniens Handeln erstaunt: Die haben gar nicht gespielt. Es stand nur eine Mannschaft auf dem Platz.

Luis Arnaiz
(Chefredakteur der “As”, Spanien)
Ich weiß es nicht. Ich habe zwei Einstellungen im Fernsehen gesehen und zweifle. Das Foul an Augenthaler hingegen schien mir sehr klar zu sein. Die Schiedsrichterleistung war sehr schlecht.

Victor Brizuela
(Kommentator von LV2 Radio General Paz aus Córdoba)
Deutschland waren die besseren und brauchten die Hilfe des Schiedsrichters nicht. Es war kein Elfmeter. Welch ein Pech.. Ich dachte, dass der 8. Juli defintiv der Tag des Torwarts sein würde und wir haben alle auf Goycochea gesetzt als das chaotische und unakzeptable Ende geschah.

Roberto Rivelino
(Ehemaliger Spieler Brasiliens und Kommentator für TV Bandeirantes)
Nein. Aber es schien mir ein Elfmeter für Augenthaler zu sein. Vermutlich hat der Schiedsrichter das kompensiert.

Zbgniew Boniek
(Ehemaliger Spieler Polens und derzeitiger Trainer in Lecce)
Der für Augenthaler, ja – der Andere, nein. Ich war für Argentinien, aber es sollte nicht sein. Man muss bedenken, dass Argentinien vier Jahre verdient Weltmeister war, so wie es Deutschland heute ist.

Enrique Wolff
(Reporter für Radio América und Cablevision)
Mit kommen da viele Zweifel. Sensini kreuzt das Bein und Völler läßt sich fallen… Mein Eindruck war, dass es keiner war, aber das ändert nichts. Der Schiedsrichter waer sehr schlecht, weil er sehr weit weg stand und wenig Autorität hatte. In jedem Fall haben die Besseren gewonnen.

Lodovico Maradei
(Chef der Fußballzeitschrift “La Gazzetta dello Sport”, Italien)
Viel diskutiert, aber ich habe den Eindruck, dass es kein Elfmeter war.

Fabio Poveda Marquez
(Reporter des “El Heraldo”, Kolumbien)
Nein. Wir hatten das Glück es im Fernsehen zu gehen und können verifizieren, dass Sensini direkt zum Ball ging.

Paulo Stein
(Berichterstatter von TV Manchete, Brasilien)
Absolut nicht. Der Verteidiger ging zum Ball. Zusätzlich fand ich die Hinausstellungen gedankenlos.

Jochen Huette
(Kommentator für Deutschlandradio, Bundesrepublik Deutschland)
Ja, für mich war es ein klarer Elfmeter. Das Spiel selbst mochte ich nicht: Argentinien hat nicht gespielt und Deutschland gewann richtigerweise.

Francis Huertas
(Redakteur der Zeitschrift “France Football”, Frankreich)
Ich glaube nicht und wahrscheinlich wurde Calderón beim Spielzug zuvor schon elfmeterreif berührt. Wie auch immer, Deutschland verdiente den Sieg, weil sie immer danach suchten, im Gegensatz zu Argentinien, die nur auf Defensive setzten. Argentinien hat einmal auf das Tor geschossen. Es ist unmöglich auf diese Weise zu gewinnen.

Rinus Michels
(Ehemaliger holländischer Nationaltrainer)
Ich möchte nicht über den Elfmeter nachdenken. Ich sage nur, dass es ein desaströses Finale war.

Juan de Biase
(Chef des Ressort “Sport” der Tageszeitung “Clarín”)
Der, der geben wurde, nein. Wenn es andere gab, dann weiß ich das nicht. Beide Spieler gingen zum Ball. Ich denke der Schiedsrichter sah eine Gelegenheit, das 0:0 und die Verlängerung zu verhindern.

Yoshiyuki Osumi
(Reporter der Tageszeitung “Fuji Evening News”, Japan)
Nein, Völler läßt sich fallen. Argentinien spielte gut, in intelligenter Formation, aber Monzóns Platzverweis diktierte die Niederlage.

Atilio Garrido
(Sportchef der Tageszeitung “Ultimas Noticias”, Uruguay)
Nein, und als Uruguayo bin ich beschämt über die Leistung eines Schiedsrichters mit uruguayischen Wurzeln. Dies allerdings beiseite gelassen, hatte Argentinien es nicht verdient zu gewinnen, für mich wollten sie nur ins Elfmeterschießen kommen.

Quelle: “El Gráfico“, Edición N° 3692, 10.07.1990
Übersetzt von mir mit kleiner Hilfe von @CDTenerife

Pogoń Szczecin – GKP Gorzów Wielkopolski 0:0. Kein Spielbericht.

Der Plan war gut, sehr gut. So gut, dass wir ihn flugs in die Tat umsetzten: Samstag nachmittag in den Regionalexpress und mit dem Brandenburgticket nach Stettin. Oder Szczecin, also Schchechin, was einfacher aussieht als es gesprochen wird. Den Samstagabend mit einer kleinen Stadterkundung verbringen und diese in einer kaschemmigen Studentenkneipe mit allerlei polnischen Bierprodukten enden lassen. Nachts im Hotel noch schnell das Tor von Adam Matuszczyk im Spiel der polnischen Nationalmannschaft in den USA live im Fernsehen sehen.

Sonntag dann einen großen und äußerst pelzigen Kater sein eigen nennen und mit diesem langsam durch die Stadt stolpern, ein paar leider geschmackslose Piroggi essen und dann hin zum Florian-Krygier-Stadion. Hier findet um 17.00 Uhr die Partie Pogoń Szczecin gegen GKP Gorzów Wielkopolski statt, zweite polnische Liga.

Und Pogoń ist ein durchaus interessanter Verein: 1948 von den hierher umgesiedelten Ostpolen als Ersatz ihres Heimatvereins Pogoń Lwów gegründet. Bis 1999 fristet der Verein ein Dasein als Fahrstuhlmannschaft zwischen erster und zweiter Liga, dann beginnt die Zeit der Investoren: Ein türkischer und ein schwedischer Investor versuchen nacheinander aus Pogoń eine große Nummer zu machen. Das Ende beider Investoreneinsätze ist gleich: Investor weg, Schulden da. Schließlich Auflösung des Vereins und Fusion mit dem Zweitligisten Piotrkovia Szczecin. Dessen Besitzer hat einen tollkühnen Plan: Eine Mannschaft, die nur aus Brasilianern besteht. Gleichzeitig gründen Fans den Verein Pogoń Szczecin Nowa. Es kommt, wie es kommen muss: Das brasilianische Experiment fährt gegen die Wand, erneute Auflösung und Fusion von Pogoń Szczecin und Pogoń Szczecin Nowa und Neuanmeldung in der vierten Liga. Es folgt der langsame Weg nach oben inklusive des Höhepunktes der Pokal-Finalteilnahme 2010.

Soweit die muntere Geschichte des Vereins, die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt: Es fand bereits am Samstag statt. Als wir zum Stadion kommen, liegt dieses still und noch mit den Spuren der vortäglichen Benutzung versehen in der güldenen Spätsommersonne. Kein Fußballer weit und breit, kein Fan nirgends, niemand der eine Karte verkaufen oder abreissen will. Stille. Und offene Tore allenthalben. Und so verflucht ärgerlich die Fehlinformation, der wir offenbar aufsaßen, auch ist, so hübsch ist auch der Aufenthalt in diesem recht eigenen Stadion am Tag nach der Schlacht. Das hufeisenförmige Stadion, dem eine Hintertortribüne fehlt, atmet noch das gestrige Spiel, die Ränge noch übersät mit Sonnenblumenkernschalen, am Zaun vor der Gegentribüne, dort wo die monumental wirkende Dachkonstruktion in Wirklichkeit nur wenige Reihe vor potentiellem Regen schützt, flattert noch ein einsames Transparent. Nur über die Frage, ob es der Geruch des Sieges oder der Niederlage ist, der da noch in der Luft liegt, können wir uns nicht einig werden – kein Wunder, ging das Spiel doch 0:0 aus. Und so bleibt uns nichts anderes als ein paar Fotos zu machen, noch einmal auf einer der 18.000 Sitzschalen Platz zu nehmen und im Kopfe die recht ordentlich gelungene Hymne Pogońs zu summen. Wir kommen wieder, nächstes Mal dann bitte mit Spiel.

Florian-Krygier-Stadion, Szczecin

Florian-Krygier-Stadion, Szczecin

Florian-Krygier-Stadion, Szczecin

Florian-Krygier-Stadion, Szczecin

Florian-Krygier-Stadion, Szczecin

Florian-Krygier-Stadion, Szczecin

Florian-Krygier-Stadion, Szczecin

[Update: Hymnenlink repariert]

Hej, 11Freunde,

ich will gar nicht meckern, weil technisch habt Ihr natürlich recht. Bergisch Gladbach, genauer genommen der SV Bergisch Gladbach 09, ist fußballerisch ein stetes Monument der Erfolglosigkeit. Insofern taucht die Stadt eindeutig zu Recht in Eurer Rangliste der zehn erfolglosesten Fußballstädte auf. (Was übrigens eine recht hübsche Idee ist, auch wenn sie mir in einer etwas albernen Rangliste verschwendet scheint)
Technisch heißt in diesem Fall: Wenn man bloß den Männerfußball betrachtet. Was Ihr ja tut, für den Frauenfußball habt Ihr Euch ja nun extra Freundinnen angelacht.

Werfen wir aber mal ganz kurz einen Blick auf die Geschichte der mittlerweile nicht mehr existenten Abteilung für Damenfußball, wie es seinerzeit ja nun noch hieß, der SSG 09 Bergisch Gladbach, wie der Verein seinerzeit ja nun noch hieß: Ab 1977 wurde der Verein in den darauffolgenden zwölf Jahren neun mal Meister*. Okay, okay, ich versteh schon: Männerfußball hier, Frauenfußball da. Meisterschaften sind jetzt nicht so der Knüller. Kein Problem.

Aber: Weltpokalsieger 1981 & 1984. In Taiwan. Der Vorläufer der Weltmeisterschaft. Bergisch Gladbach, zweifacher Weltmeister im Fußball, quasi.

“Die zehn erfolglosesten Fußballstädte” und “Zweifacher Weltmeister im Frauenfußball” passt nicht wirklich zusammen. Bei aller Verständnis der Trennung der Themen.

Find ich so,
icke.

* 1979 Endspiel im Stadion An der Paffrather Straße und 1:0 Sieg gegen Bayern München, der Spielbeobachter erinnert sich anwesend gewesen zu sein.

Lila-Weißer Schokoladen

Ich habe das hier und da schon mal erwähnt, mit dem Verein Tennis-Borussia Berlin hab ich das eine oder andere Problemchen. Heute aber möchte ich mal nicht meckern (und darum auch die erwähnten Problemchen nicht weiter erläutern), sondern großes Lob aussprechen.

Auf dem neuen Trikot des Oberligisten nämlich prankt prangt das Logo des Schokoladens, versehen mit der Überschrift “Schokoladen bleibt! – Alternative Kultur in Berlin erhalten!”. Dazu muss man wissen, dass der Schokoladen eine seit 1990 bestehende Institution selbstverwalteter Subkultur jenseits vom Mainstream ist, die im inzwischen völlig durchgentrifizierten Berliner Bezirk Mitte ihr Zuhause hat. Dort, wo in der direkten Nachwendezeit kreatives Chaos sein Potenzial entwickelte und ein Aufbruch den nächsten jagte, herrschen heute schicke Galerien und Feinkostläden. Dementsprechend sind auch längst die Mieten explodiert – Gentrifizierung at its best. Diese soll nun nach dem Willen des Eigentümers auch den Schokoladen aus Mitte vertreiben, was ein ungeheurer Verlust für die Gegend rund um die Ackerstrasse bedeuten würde.

Klar – TeBe, das derzeit selbst um seine Existenz kämpfen muss, wird, wenn sie denn einen Brustsponsor gefunden haben, der zu der wirtschaftlichen Gesundung des angeschlagenen Vereins beitragen kann, die Trikots für diesen wieder freiräumen. Aber bis dahin schafft dieses Trikot hoffentlich ein wenig Aufmerksamkeit für den Kampf gegen den kulturellen und sozialen Verfall des Berliner Zentrums.

Und deswegen wollen wir heute mal nicht so sein und die Lila-Weißen loben und ihnen ausnahmsweise mal Glück wünschen im heutige Spiel gegen den Ludwigsfelder FC.

Dreimal Guck mal woanders

Zwei kleine Hinweise möchte ich heute loswerden, Hinweise auf von mir geschriebenes, das aber nicht hier, sondern woanders erschienen ist.

Zum einen haben die Textilvergeher den ihnen sicher höchstgradig zustehenden Urlaub gemacht und im Zuge dessen einige andere Blogger gebeten, ihr Bloghäusschen zu hüten. Darunter war auch ich – aber es gibt in der illustren Reihe der Blogvertreter viele sehr lesenswerte Beiträge. Ach Kokolores, die sind alle extrem lesenswert. Hin da.

Und dann hat Alex vom Rasenschachmagazin wieder den schon vor der letzten Saison getätigten Bloggerblick gewagt: Zu jedem Erstligisten befragt er einen Blogger, der diesem Erstligisten besonders nahe steht. Dankenswerterweise hat er zum Thema 1. FC Köln diesmal mich befragt, und ich hab versucht schlau zu antworten. Ob mir das gelungen ist, könnt Ihr hier überprüfen.

Und zu guter Letzt ein Offline-Hinweis. Und wie das so ist, mit dieser altertümlichen Offlinewelt, können nur Ortsansässige damit etwas anfangen, in diesem Fall Berlin-Ortsansässige. Schon seit geraumer Zeit veranstaltet die Schwalbe in unregelmäßigen Abständen die “Sportstunde”, das sind Gespräche und Diskussionen zwischen Thorsten Poppe und Menschen, die im Fußball zu Hause sind.
Die Schwalbe – für die, die es nicht wissen – ist unter anderem der Ort an dem sich die Effzeh Fans die in der Hauptstadt weilen, versammeln um den Geissböcken beim Versuch, Fußball zu spielen, zu zu gucken.
Diesmal aber geht es nicht um den Effzeh, sondern wohl eher um Union und Berlin und Derbys, denn Unions Team-Manager Christian Beeck, sowie der Präsident des Berliner Fußballverbandes, Bernd Schultz sind zu Gast. Das klingt spannend, Poppe ist ein launiger und sehr fachkundiger Moderator und wird sicher das eine oder andere interessante Statement hervorlocken. Dummerweise findet dies wieder einmal an einem Tag statt, an dem ich in die Saiten greife, Ihr müsst mich also würdig vertreten. Am kommenden Dienstag, den 10.08., um 21.00 Uhr (pünktlich), Stargarder Str. 10. Viel Spaß.