“Der Geissbock braucht einen guten Schaefer”, so stand es geschrieben auf einem Transparent auf der Südtribüne anläßlich des Pokalspiels am vergangenen Dienstag. Gemeint war natürlich Interims- oder Auchnichtinterimstrainer Frank Schaefer.
Ist Schaefer dieser gute Hirte, den die FC Fans in fast schon verzweifelter Manier in ihm sehen wollen? Die Sehnsucht danach ist verständlich: Der Mann ist nicht nur Kölner, was ihm natürlich Punkte im Standing bei den Fans bringt, sondern kennt den FC seit einigen Jahrzehnten. Ein Eigengewächs also, dazu noch eine fraglos billigere Arbeitskraft als ein Trainer mit vermeintlich großem Namen, eine Lösung, die vermutlich von Wolfgang IchhabdanocheinenKracher Overath angestrebt wird. Wenn also seine Arbeit als Fußballlehrer etwas taugt, wäre Schaefer, so scheint es, eine Ideallösung.
Aber: Taugt diese etwas? Dies zu beurteilen, ist nach zwei Spielen, eines im Pokal gegen einen Zweitligisten und eins zu Hause gegen einen eher mittelmäßig aufspielenden HSV, schwer bis unmöglich. Da ich weder in der Kabine noch beim Training zu Gast sein kann, bleiben wenige Zeichen anhand derer ich deuten kann, was Frank Schaefer bislang tat, um die sportliche Misere des 1. FC Köln zu beenden.
Aufstellungsfragen:
Die größte, und bislang auch erfolgreichste Umstellung betrifft offensichtlich den Sturm: Milivoje Novakovic spielte in beiden Spielen von Anfang an, Podolski, halb Spitze, halb Zehner dahinter. Die taktische Aufstellung also, die auch Zvonimir Soldo für diese Saison auf seinem Zettel hatte, aus Gründen des schlechten Starts aber wieder und wieder verschob, bis sich die arg wackelige Defensive gefangen haben sollte. Angesichts von vier Toren für Novakovic und vier Torvorlagen und einem Tor für Podolski muss man hier ein dickes Plus für Schaefers Umstellungen notieren.
Ein klares Minus hingegen gibt es für die arg abenteuerliche und schwer nach hinten losgehende Idee, Mato Jajalo im Spiel gegen die Löwen auf die halbrechte Position zu stellen. Das Spiel lief bis zu seiner Auswechslung in der 54. Minute an Jajalo vorbei, der ganz offensichtlich überhaupt nichts mit dieser Position anfangen kann. Allerdings soll hier auch erwähnt werden, dass Schaefer offenbar schnell lernt: Anstelle Jajalos spielte fortan Christian Clemens, der dort auf seiner, ihm gewohnten Position, recht ertragreich spielte.
Auf der Problemposition hinten links kehrte Schaefer zu Stephan Salger zurück, der sich auch unter Soldo in den ersten anderthalb Spielen dort probieren durfte. Und auch im Spiel gegen den HSV verursachte Salger durch Schlampigkeit in der Abseitsstellung ein Gegentor. Allerdings kann man hier Schaefer kaum einen Vorwurf machen – der FC hat keinen anderen, besseren Linksverteidiger und Salger ist jung und wird, hoffentlich, durch solche Fehler lernen.
Durch Salgers Einsatz hinten links wurde der Aushilfsaußenverteidiger vom Dienst, Fabrice DJ Ehret, für die Position im linken Mittelfeld frei. Eine Position, die dem Franzosen weit besser liegt. Allerdings: Eine Fülle an einfachen Ballverlusten und unglaublich miserablen Flanken machten Ehrets Auftritte eher zu einem Ärgernis.
Einstellungsfrage:
Vielerorten wurde Zvonimir Soldo vorgeworfen, durch seine eher ruhige Art der Mannschaft nicht genug Motivationsschub mitzugeben. Meines Erachtens war das Unsinn: Von einigen wirklich unrühmlichen Spielen abgesehen, stimmte die Einstellung: also der Kampf-, Einsatz- und Laufwille der Mannschaft auch unter Soldo. Richtig ist, dass Schaefers Vorstellung von “aktivem Fußball” die Mannschaft zu mehr Aktion zwingt, während Soldos Marschroute häufig den Weg über die kontrollierte Defensive nahm. Aber Vorsicht, hier wird sich erst noch zeigen müssen, ob die Mannschaft auch in anderen Situationen in der Lage ist, die von Schaefer gewünschte Aktivität erfolgbringend an den Tag zu legen. In anderen Situationen heißt: Nicht gegen einen Zweiligisten oder einen arg ersatzgeschwächten HSV spielend. Und: Nicht zu Hause spielend. Die Auswärtsstärke des FC der letzten Jahre begründete sich immer auf einer extrem massierten Defensive. Sämtliche Versuche von dieser abzuweichen, mündeten in mittleren Debakeln. Das Spiel in Nürnberg am Samstag wird also auch in dieser Hinsicht ein Gradmesser sein.
In individuellen Einstellungsfragen scheint Schaefer bislang eine recht klare Linie zu fahren: Mondragon bleibt nach wie vor außen vor. Adil Chihi, dessen Trainingsleistungen wohl nicht ausreichend waren, wurde mit der Begründung “Ich kann auf Egoismen keine Rücksicht nehmen” aus dem Nürnberg-Kader gestrichen.
Das klingt gut, allerdings hat es Schaefer zur Zeit auch einfach: So gibt sich die langjährige Ego-Diva Nummer Eins, Novakovic, zur Zeit handzahm, offenbar froh nach anderthalbjährigem Machtkampf mit dem ehemaligen Trainer wieder zur Startelf zu gehören. Adil Chihi wurde schon drei Tage vor der Streichung aus dem Kader öffentlich zum Buh-Mann, als Manager Meier erklärte, der Spieler habe auch das zweite, erhöhte, Angebot nicht angenommen und wolle offenbar den Verein wechseln um anderenorts mehr Geld zu verdienen. Man stelle sich vor, Soldo hätte vor drei Wochen die Streichung der Offensivhoffnung vorgenommen – also ohne öffentliches Wissen um die Verlängerungsstreitigkeiten: Der Aufschrei wäre groß gewesen.
Auch und besonders in den Medien und damit kommen wir zum letzten Punkt der Standortbestimmung nach knapp zwei Wochen Schaefer: Trainer, wie hältst Du es mit dem Boulevard? Nach zwölf Tagen im Amt läßt sich, durchaus nicht überraschend, festhalten: Der Boulevard liebt Schaefer – kein Tag ohne positive Schaeferstory – und Schaefer läßt sich nicht lumpen: Die Begründung zur Streichung Chihis zum Beispiel wurde exklusiv an die Zeitung mit den vier großen Buchstaben weitergegeben. Wer hier mitliest, weiß, was ich davon halte. Andererseits: Ein Trainer, der sich nicht gut mit dem Boulevard stellt, lebt in Köln nicht lange.
Wie eingangs erwähnt: Eine echte Standortbestimmung ist noch nicht möglich. Die ersten Zeichen sehen durchaus positiv aus, eine Zaubermannschaft wird auch Schaefer nicht herbeitricksen können. Der große Vorteil Schaefers, dass er Verein und Mannschaft sehr gut kennt, ergänzt um die Tatsache, dass die Kanoniere des Express stillhalten, gibt Hoffnung, dass Schaefer die Zeit bekommt, die er braucht.
Am 17.11. ist allerdings Jahreshauptversammlung, Wolfgang Overath wird es sich nicht nehmen lassen, dort eine umjubelte Lösung zu präsentieren: Gelingt es Schaefer gegen die Mitkonkurrenten Nürnberg und insbesondere im Heimspiel gegen Erzfeind Mönchengladbach zu punkten, so wird er spätestens am 17. seinen Job innehaben. Wenn nicht, kommt dann der “große Name”.