Schöner Fußball, kein Titel: Die WM 2010 aus deutscher Sicht.

Wieder kein Titel.

Was sich schon 2006 andeutete, hat sich 2010 verstärkt: Die deutsche Nationalmannschaft spielte den offensivsten Fußball. Schönheit, auch im Fußball, ist subjektiv: Manch einer empfindet sicher das spanische Kombinationsspiel, das aber sehr torarm daher kommt, als einen größeren Ausdruck von fußballerischer Schönheit. Oder vielleicht den wuseligen chilenischen Fußball, der neunzig Minuten Pressing beinhaltet. Es gibt sicher auch Verfechter der These, daß der holländische Fußball der strengen Ordnung ein Sinnbild von Schönheit ist – mit Ausnahme des Finales vielleicht, in dem die Niederländer nach Begutachtung des deutsch-spanischen Halbfinales der spanischen Ballsicherheit extreme Härte entgegensetzten.
Aber auch wenn es verschiedene Defintionen von fußballerischer Schönheit gibt – dass das deutsche Spiel zu einem der Favoriten in dieser Kategorie gehört, ist nach wie vor verwirrend. Die Inkarnation des Rumpelfußballs, die sich in den Achtzigern in zwei Weltmeisterschaftsendspiele graupte, gilt plötzlich als Vorbild für schnellen, schönen und offensiven Fußball. Doch all das nützt wenig, wenn es stets am Ende heißt:

Wieder kein Titel.

Natürlich, die Spiele gegen Australien, England und Argentinien waren sehr überzeugend, auch wenn sowohl Australien als auch England sich nicht als die erwartet schweren Gegner entpuppten. Auffällig dabei ist, dass die beiden Siege gegen die vermeintlichen oder tatsächlichen Großen des Weltfußballs Siege des 4-2-3-1 gegen ein antiquiert erscheinendes 4-4-2 waren. Trat der Gegner ebenfalls in dem diese Weltmeisterschaft beherrschenden System mit nur einer nominellen Spitze auf, wie zum Beispiel die Spanier, die erst zum Halbfinale den Systemwechsel vornahmen und prompt ihr bestes Spiel des Turnier machten, war es vorbei mit der deutschen Herrlichkeit. Wie auch schon zuvor gegen Serbien und Ghana.

Das soll nichts schmälern. Die deutsche Mannschaft hat guten, teilweise herausragenden Fußball gespielt. Die jungen Spieler und das durch den Ausfall Ballacks und die Ausladung von Thorsten Frings ermöglichte neue Mannschaftsgefüge haben in Anbetracht der Unerfahrenheit und der noch nicht gänzlich manifestierten Hierarchie weit mehr erreicht als zu erwarten war und, vor allem, ihre Zukunft noch vor sich. Auch wenn die derzeit ins uferlose wachsenden Erwartungen wohl überhöht sind, denn zuviel Unwägbarkeit ist im Spiel: Wie Thomas Müller, völlig zurecht als bester junger Spieler des Turniers ausgezeichnet, den Ruhm und die gestiegenen Erwartungen verkraften wird, bleibt abzuwarten, auch wenn man geneigt ist, hier positiv zu spekulieren. Was wird sich durch eine Rückkehr Ballacks ändern, wer ersetzt mittelfristig die Weltmeisterschafts-Tormaschine Klose, kann Özil mit wachsender Erfahrung mehr Konstanz gewinnen oder muss Toni Kroos ihn mittel- und langfristig ersetzen – all das sind ungeklärte Fragen, die eine gesichterte Prognose nicht möglich erscheinen lassen.

Und all das unter der Vorraussetzung, dass Joachim Löw Bundestrainer bleibt, dass das System, die Idee und deren Vermittlung, die offenbar gut funktioniert hat, bleiben. Wobei auch Löw wohl Anteil hat am Scheitern im Halbfinale: Das schreckhafte Erstarren des deutschen Kaninchens vor der spanischen Schlange, das von der ersten Minute an sichtbar war, nicht zuzulassen, ist Trainersache. Möglicherweise hat Löw der Mannschaft zu oft von der spanischen Spielweise vorgeschwärmt. Dass auch die Kapitänsfrage neu überdacht werden darf, zeigte sich unmittelbar vor dem Spiel im Mannschaftskreis auf dem Rasen: Die Ansprache hielt Schweinsteiger, der Kapitän schwieg. All dessen unbenommen bleibt, dass es auch eine mutiger spielende deutsche Mannschaft, die an ihre Chance glaubt, gegen die an diesem Abend exzellent spielenden Spanier schwer gehabt hätte.

So aber rutschte das zuvor offen demonstrierte Herz in die Hose und die deutsche Mannschaft schied aus. Und beendete damit die Nuller, wie zuvor seit dem Ende des 2. Weltkrieg nur in den Sechzigern beendet wurden:

Wieder kein Titel.

Vom Brechen einer uruguayischen Lanze

Die von Enttäuschung geprägte Empörung aller, die der Mannschaft aus Ghana die Daumen drückten, war groß: Viel zu gering sei die Strafe für Luis Suarez für dessen Handspiel in der 121. Minute. Das ist natürlich auf vielerlei Ebenen kompletter Unsinn: Thorsten Frings Faustschlag nach dem Viertelfinale 2006 wurde ebenfalls nur mit einem Spiel Sperre belegt, David Villas Ohrfeige im Vorrundenspiel dieser WM gegen Honduras wurde gar nicht geahndet. Elfmeter und Rote Karte ist die härteste Strafe, die es in einem Fußballspiel geben kann. Härter wäre nur noch die Schenkung eines Tores für den Gegner, und gottlob, solche Strafen gibt es im Fußball nicht. Dass Gyan den fälligen Strafstoß für Ghana nicht verwandelte, war gewiß tragisch – ich hätte es Ghana durchaus ebenfalls gegönnt, diese erste afrikanische Weltmeisterschaft durch einen erstmaligen Einzug einer afrikanischen Mannschaft in ein WM Halbfinale zu krönen – aber eben, je nach Gusto, Pech oder Unvermögen.

Nun steht also Uruguay im Halbfinale gegen die Niederlande und die allgemeine Stimmung richtet sich gegen die Celeste. Was, wie ich finde, ziemlich unverständlich ist. In ihrer erfolgreichsten Weltmeisterschaft seit 1970 haben die Uruguayos nur zwei Gegentreffer kassiert, haben immerhin sieben Tore geschossen – davon ein Elfmeter – (im Vergleich: Ghana mußte drei Gegentreffer hinnehmen und schoß insgesamt fünf Tore, davon waren zwei Elfmeter) und spielte äußerst ehrenhaft gegen Mexiko auf Sieg im letzten Gruppenspiel, als beiden ein Unentschieden gereicht hätte, um weiter zu kommen.

Natürlich: Der grandioseste Fußball ist es nicht, den die Südamerikaner vom Rio de la Plata spielen – aber bitte schön, das Land hat weniger Einwohner als Berlin und die ruhmreiche Vergangenheit ist vor allem das: Vergangenheit, ewig weit zurückliegend. Nichts jedenfalls aus dem sich heute noch eine spielerische Tradition entwickeln könnte.
Natürlich: Der Weg in dieses Halbfinale war relativ einfach. Jedenfalls auf dem Papier. Südkorea und Ghana lesen sich anders als, im deutschen Fall, England und Argentinien oder, im niederländischen Fall, Brasilien. Aber der “einfache Weg” hat doch z.B. 2002 auch niemanden daran gehindert, Deutschland die Daumen zu drücken.

Uruguay steht verdient heute abend im Halbfinale. Gewiß: Das Handspiel Suarez’ wird immer ein kleiner Makel sein. Aber Ghana hatte es selbst in der Hand und hat es vermasselt. Und Suarez, mit seinen drei Treffern erfolgreichster Torschütze der Uruguayos, wird bitterlich fehlen.

Liebe Berliner Zeitung,

darf ich vorstellen: Die Gebrüder Hochmut und Fall.

Catharina-Amailia: Die sechseinhalbjährige niederländische Prinzessin, älteste Tochter des Kronprinzenpaars Willem Alexander und Maxima, bringt sich für noch zwei wichtige Fußball-Abende in Stimmung. Während ihre Eltern und Schwestern im Garten der Familienresidenz in Wassenaar artig für Fotos posierten, sah man Catharina-Amalia stets entweder mit einem Ball am Fuß oder einer Vuvuzela am Mund. Über einen eventuellen Stadionbesuch beim Spiel gegen Deutschland am Sonntag in Südafrika wurde noch nichts bekannt.”

Berliner Zeitung, Vermischtes, 06. Juli 2010, Seite 32

Somewhere between Heaven and Hell

Phrasenschwein I: Alles eine Sache der Perspektive.
Wer sich durch die bundesdeutsche Medien und Blogosphäre liest, an diesem Morgen nach dem entscheidenden Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen Ghana, wird jedenfalls am Ende ein anderes Bild haben als derjenige der selbiges bei der internationalen Presse tut.
So hat Jens Weinreich zum Beispiel grausamsten Graupenfußball gesehen, der ihn dermaßen langweilte, daß er umschalten musste. Dunkelste Derwall’sche Zeiten zeigten ihr häßlichstes Antlitz, als die deutsche Fußballnationalmannschaft gelangweilt und ungelenk über den Platz rumpelte, sich vor dem Fußballgott und der Welt blamierte und am End völlig unverdient gewann. Ein Grauen, daß kein Ende nehmen wollte. Schlimmer als Eintracht Trier gegen die SpVgg Unterhaching an einem nasskalten Novembertag, quasi.

So war es, jedenfalls, wenn man Jens Weinreich glaubt. Nicht ganz so extrem, aber in der gleichen Marschrichtung liest es sich vielerorts. Glaubt man hingegen Paul Doyle vom Guardian, so sah man ein “aufregendes (wenn auch leicht fehlerhaftes) Spiel” und “reichlich Unterhaltung von zwei offensiv gesinnten Mannschaften, die allerdings mit ihrer Unfähigkeit den Abschluß zu finden frustrierten”. Noch bevor klar war, wer auf England im Achtelfinale treffen würde, konstatierte Doyle, sowohl Deutschland als auch Ghana seien Favoriten, England zu schlagen, sie seien “sicherlich technisch besser und ihr Spiel fließender”.

Ja, was nun?

Die Wahrheit – Achtung Phrasenschwein II – liegt vermutlich in der Mitte. Wer nur dann zufrieden ist, wenn die deutsche Nationalmannschaft zauberhaften Kombinationsfußball spielt, wird arg enttäuscht sein von der gestrigen Vorstellung. Allerdings: Diese Enttäuschung wird dann wohl eine lebenslange sein. Und hat wohl mehr mit eigenen, irrealen Träumereien zu tun als mit der Realität.

Ohne Frage litt das deutsche Spiel gestern, wie auch schon gegen Serbien, an mangelnder Präzision im Passspiel, zuviele Angriffe blieben Stückwerk, weil Pässe schludrig und unkonzentriert gespielt wurden.
Abgesehen von seinem wunderschönen Tor blieb Özil, ebenfalls wie schon gegen Serbien, weit unter dem, was er gegen Australien bot – im Gegensatz zum Serbienspiel allerdings hätte er durchaus den Platz zu mehr gehabt. Podolski steckt in der Zwickmühle zwischen Position halten und nichts vom Spiel mitbekommen, da das deutsche Spiel ausschließlich über die rechte Seite läuft, oder in die Mitte ziehen – was ihm gegen Serbien einige Chancen brachte, dafür aber auch vernichtende Kritik, weil er seine Position nicht hielt. Cacau zeigte gestern taktisch ein ziemlich dürftiges Spiel, in einem System mit nur einer richtigen Spitze permanent den gegnerischen Strafraum verwaisen zu lassen, ist fahrlässig. Khedira blieb im besten Falle blaß, was man von Per Mertesacker leider nicht sagen kann, zum wiederholten Mal war der Bremer der größte Problemfall in der deutschen Abwehr.

Aber es gab auch Gutes zu sehen: Gegen die sehr athletische und spielstarke ghanaer Mannschaft konnte die deutsche Elf gut gegen halten. Bastian Schweinsteiger machte vor allem in der ersten Halbzeit ein extrem gutes Spiel im defensiven Mittelfeld, stellte Räume zu und fing ab, was abzufangen war. Arne Friedrich spielte nahezu fehlerlos und scheint sich mehr und mehr zum sicheren Fels in der Brandung zu entwickeln. Manuel Neuer konnte endlich mal zeigen, daß er nicht nur zum Zugucken und Bälle-aus-dem-Netz holen mitgekommen ist und machte dies, abgesehen von einem untersprungenen Eckball, gut.

Vom bisher Gebotenen ausgehend, treffen am Sonntag im Achtelfinale zwei Mannschaften auf Augenhöhe aufeinander. England hat das reifere Personal, aber konnte selbst im guten Spiel gegen extrem harmlose Slowenen den Druck nicht aufrechterhalten und zitterte sich gen Ende dem Sieg entgegen. Aber eigentlich ist es auch wurscht, wer das Achtelfinale gewinnt. Wenn alles gut geht, wartet dann auf den Sieger Argentinien und dann heißt es eh Schluß mit lustig, respektive Over and out.

Sag mal, liebe FIFA,

bist Du nicht mehr ganz bei Trost? Gestern Abend ein fröhliches Besäufnis gehabt und anschließend Entscheidungen gefällt, obwohl Du nicht mehr gerade gucken, geschweige denn denken konntest?

Der brasilianische Stürmer Luis Fabiano hat gestern im Spiel gegen die Elfenbeinküste zwei Tore geschossen. Das erste war durchaus hübsch, keine Frage. Vor dem zweiten Tor aber spielt er den Ball zweimal mit der Hand, davon mindestens einmal mit voller Absicht. Sichtbar für jeden im Stadion und am Fernsehschirm, sogar ohne Wiederholung. Nur offenbar nicht für den Schiedsrichter. Oder jedenfalls nicht so ganz – dass da etwas faul war, roch auch dieser, schließlich befragte er Fabiano ja anschließend. Der aber entschloß sich die Unwahrheit zu sagen, er sei sich keiner Schuld bewußt. Wenn Du, liebe FIFA, nicht so rabiat mit den Bildrechten umgehen würdest, könnte ich die Fernsehbilder, die dies belegen, hier posten. Kann ich aber nicht, kann ich mir nicht leisten. Macht aber nichts, hat jeder gesehen.

Luis Fabiano zeigte sich also gestern als Betrüger und Lügner allererster Kajüte. Und das vor den Augen der fußballinteressierten Welt.

Und was machst Du, liebe FIFA?

Kürst diesen Spieler zum “Man of the Match” und belohnst ihn also offiziell für seinen Betrug und seine Lüge.

Jetzt mal ehrlich: Der südafrikanische Wein ist ganz schön lecker, oder? Kopfschmerzen heute? Pelzige Zunge? Und diese Vuvuzelas sind auch ganz schön fies laut, hm?

Ernüchtert,
icke.

Huhu, Cristiano Ronaldo,

der portugisische Verband hat ja, wie man dieser Meldung des Kickers entnehmen kann, Einspruch eingelegt gegen die gelbe Karte, die Du bekommen hast, nachdem Du Dich in der 21. Minute Eures Spiels gegen die Elfenbeinküste mit Guy Demel angelegt hast. Naja gut, weil Du es bist, lassen wir mal beiseite, daß wir doch beide wissen, dass das völliger Nonsens ist, weil die Karte eh nicht zurück genommen wird.
Aber da gibt es so ein Zitat in besagtem Kickerbericht von Dir, das mir Kopfzerbrechen macht:

“Manchmal verstehe ich die Entscheidungen der Schiedsrichter nicht. Es ist ihre Aufgabe, bei diesem Turnier die besten Spieler zu schützen.”

Hm. Echt? Ist das so? Hm. Was ist denn mit den mittelguten Spielern? Oder den schlechten Spielern, von denen es bei dieser WM ja weiß Gott genug gibt? Kann man die einfach so umwuppen? Geschützt werden müssen die ja nicht, wenn man Deiner Logik folgt. Und sag mal – Du kostest zwar Fantastilliarden Euro und verdienst jedes Jahr mindestens genauso viel, aber Deine Leistung im Spiel gegen die Ivorer war ja nun auch nur mäßig – Heißt das, Demel hätte Dir Deiner Meinung nach mal ordentlich die Beine brechen können? Oder wie oder was?
Und mal so ganz unter uns: Hat so ein Schiedsrichter nicht eigentlich andere Aufgaben, nämlich quasi das Regelwerk zu schützen?

Verwirrte Grüße,
icke.

Nach dem 1. Spieltag: Alle 32 Kandidaten im Schnelldurchlauf.

Der erste Spieltag des großen Fußballzirkustreffen in Südafrika ist vorbei und alle Mannschaften haben sich einmal vorgestellt. Das Stochern im Nebel bezüglich der Form und Fähigkeiten der 32 Mannschaften ist also vorbei. Ist es? Nein, natürlich nicht, denn zu wenig sind die jeweiligen Gegner zu vergleichen. Aber der erste Eindruck ist nur einmal machbar. Hier alle antretenden Mannschaften im Überblick:

Südafrika:
Trötseidank – Der Gastgeber macht keine so jämmerliche Figur, wie von manchem befürchtet. Vielleicht spielen die Südafrikaner außerhalb des eigenen Landes auch nur so schlecht, weil sie sich dort plötzlich untereinander verständigen können? Wunderschönes Eröffnungstor durch Tshabalala. Die Chancen, tatsächlich die Vorrunde zu überstehen, sind gegeben, bedenkt man, daß sich der Rest der Gruppe mit Ruhm bekleckerte.

Mexiko:
Schweres Auftaktspiel, weil der Gegner der Gastgeber war. Schwungvoller Beginn, der den Anspruch ins Achtelfinale einzuziehen, untermauerte. Dazu allerdings müssen sie sich in Zukunft daran erinnern, daß Tore auch geschossen werden müssen und nicht nur Chancen erarbeitet werden, wobei der Torwart der Südafrikaner auch eine ziemlich gute Partie spielte. Um weit zu kommen, muß da allerdings mehr kommen.

Uruguay:
Das Spiel der Südamerikaner erinnerte mich an den Effzeh der letzten Saison: Vorrangig auf die Defensive beschränkt und vorne drin mit Forlan ein Stürmer, der was kann, aber keine Tore schießen kann, weil er dauernd damit beschäftigt ist, überall auf dem Platz das Spiel anzukurbeln. Was ihm allerdings nur mäßig gelingen konnte.

Frankreich:
Puh. Das war mau. Sehr mau. Alle Prophezeiungen über eine nicht funktionierende Mannschaft und die düsteren Prognosen, die aus der holprigen Qualifikation abgelesen wurden, scheinen einzutreffen. Wer allerdings (wie ich z.B.) jetzt schon Abgesänge anstimmt, vergisst, daß der Start der Franzosen 2006 ähnlich mau war – und wo sind sie am Ende gelandet? Eben.

Südkorea:
Verdienter 2:0 Sieg gegen Griechenland. Das war allerdings nicht allzu schwer. Bedenkt man, daß die weiteren Gegner Argentinien und Nigeria heißen, dürfte es schwer werden für die Südkoreaner in Sachen Achtelfinale.

Griechenland:
Neueste Berichte sprechen davon, daß Otto Rehagel seinen Abschied für den Moment des Ausscheidens angekündigt haben soll: So sagen wir also: Tschüss Otto. Genieß die letzten beiden Spiele. Versuch deinen Spielern noch einmal beizubringen, daß ein Fußballspiel etwas mit Fußballspielen zu tun hat. Meinetwegen in Form kontrollierter Defensive. Das wär ja schon mal etwas.

Argentinien:
Größtes Manko: Das Spiel hätte nicht 1:0 ausgehen dürfen. Messi, Tevez und Co. hatten weit mehr Chancen und zu wenig daraus gemacht. Ansonsten aber: Ja. Argentinien hat eine Visitenkarte abgeben, auf der “Titelfavorit” steht. Was daraus wird, ist eine andere Frage.

Nigeria:
Diese Afrikaner könnten tollen Fußball spielen, wenn sie nicht so verspielt wären, rubenbauert es regelmäßig aus allen Kanälern, wenn eine afrikanische Mannschaft bei einer WM aufläuft. Alles Käse. Nigeria spielt einen sehr athletischen Fußball, waren allerdings von der individuellen Klasse der Argentinier überfordert – zum Ausgleich hätten sie trotzdem kommen können. Dass sie diese Chance allerdings überhaupt hatten, lag daran, daß Vincent Enyeama die bislang beste Torwartleistung des Turniers zeigte.

Algerien:
Das wird sehr schwer für die Nordafrikaner. Wenn sie diese Slowenen nicht schlagen können, wen dann? Gut, Pech hatten sie: Die gelb-rote Karte war ein bißchen hart, das Gegentor ein Torwartfehler. Ein Spiel aber, dass einen Sieg ermöglicht hätte, war nicht zu sehen.

Slowenien:
Ich bin da ein wenig voreingenommen, natürlich. Der Kölner Miso Brecko und Millivoje Novagoal stehen im Aufgebot. Beide allerdings knüpften an die Leistungen der letzten Saison an. Das war ziemlich viel Murks. Aber wer weiß, wozu sie in der Lage sind, wenn sie sich nicht verpflichtet fühlen, etwas für das Spiel zu tun.

England:
Der Spott war und ist groß, nicht nur aufgrund des katastrophalen Torwartfehlers. Zu Unrecht allerdings, wie ich finde. Gegen gut stehende und spielende US-Amerikaner erspielten sie sich manche Großchance und scheiterten häufig am guten Torwart der Gegner. Glorios war das alles nicht, ohne Frage, aber gegen Slowenien und Algerien wird das anders aussehen.

USA:
Kampfstarker Auftritt der US-Amerikaner. Bestnoten konnte sich vor allem Tim Howard im Tor verdienen – kaum vorstellbar, daß Slowenien oder Algerien in der Lage sein könnten, dieses kompakt stehende Team zu besiegen. Was die US-Amerikaner allerdings im Angriff zu leisten vermag läßt sich nur erahnen.

Serbien:
Gerne würde ich behaupten, dass es den Serben schwer war, da sie ja ab der 74. Minute mit zehn Spielern auskommen mussten. Tatsache aber ist: Das war auch vor dem Platzverweis nüscht. Gar nüscht. Am erschreckendsten war mangelhafte Ballbehandlung. Jeder Fehlpass war ein Anlass zur Freude – denn er bedeutete, dass der Ball vorher erfolgreich angenommen worden war. Was selten geschah. Im nächsten Spiel gegen Deutschland muß die Mannschaft ein völlig anderes Gesicht zeigen.

Ghana:
Allzu schwer machten es ihnen die Serben nicht, und trotzdem brauchten sie einen Elfmeter um zum Torerfolg zu kommen. Allerdings gilt auch für sie, was für Nigeria gilt: In Sachen Athletik voll und ganz auf der Höhe, keine einfach zu spielende Mannschaft. Nach dem ersten Spieltag in dieser Gruppe durchaus ein Achtelfinalekandidat.

Australien:
Statt sich hinten reinzustellen, versuchten die Australier mitzuspielen. Das sah gut und gefährlich aus, jedenfalls die ersten fünf Minuten. Anschließend wurde diese diese taktische Tollkühnheit durch eine sehr gut spielende deutsche Mannschaft bestraft, spätestens nach der völlig überzogenen roten Karte war das Spiel gelaufen für die Australier. Wenn sie so mutig bleiben und hinten weniger schlafmützig werden, könnten es interessante Partien gegen Serbien und Ghana werden.

Deutschland:
Ohne Frage spielte Deutschland sehr überzeugenden Fußball. Dass Australien ihnen dazu die entsprechenden Räume schenkte, sollte allerdings nicht unterschätzt werden. Die Visitenkarte aber wurde abgegeben. Was die gezeigte hohe Spielkultur wert ist, wird man allerdings erst gegen zweikampfstärkere Gegner sehen. Ganz abgesehen von der Frage ob Özil, Müller und Konsorten in der Lage sind diese Leistungen konstant zu bieten.

Niederlande:
Im Gegensatz zu den meisten anderen Titelfavoriten hatten die Holländer mit Dänemark einen richtigen Gegner. Um in Führung zu gehen, brauchten sie schon ein kurioses Eigentor dieses Gegners. Letzendendes jedoch war der Sieg souverän. Kein Glanzstück, aber für hübschen Fußball gibt es auch keine Preise. Und: Ab jetzt dürfte es für die Nachbarn nur noch einfacher werden.

Dänemark:
Der erwartet schwere Defensiv-Brocken. Nach vorne war da nicht viel zu sehen, verständlich aber, dass man nicht versucht, ausgerechnet gegen die sturmstarken Holländer mit hohem Risiko zu spielen. Sollten die weiteren Gegner in der Gruppe ihre derzeitige Form beibehalten, sehen wir die Dänen in der nächsten Runde wieder.

Japan:
Das war… äh.. ja: Schlecht. Zum Glück für die Japaner allerdings war der Gegner noch schlechter. Im schlechtesten Spiel der WM nutzen die Japaner die eine Torchance, die sie hatten. Drei Punkte sind drei Punkte. Aber eigentlich dürften sie nicht weiterkommen.

Kamerun:
Kamerun, mir graust vor Dir. Kein System, keine Ordnung, kein Spielwitz, keine Ideen. Ungefähr in der 85. Minute begannen die Afrikaner den Eindruck zu erwecken, daß sie ein Tor schießen wollten. Eto’o litt am Forlan-Syndrom: Wie ein Tor erzielen, wenn man sich dieses selbst vorbereiten muß? Und bitte, lieber Kameruner: Gibt es wirklich keinen besseren Torwart als Hamidou Souleymanou, der jeden einzelnen Ball fallen ließ?

Neuseeland:
Erster Punkt ever und drittes Tor bei einer Weltmeisterschaft erreicht – und das durch eben jenes Tor in der 93. Minute. Neuseeland wird jetzt schon nicht völlig unzufrieden nach Hause fahren. Eine Chance auf das Achtelfinale haben sie wohl trotzdem nicht.

Slowakei:
Wer sich gegen den vermeintlich schwächsten Gruppengegner in der 93. Minute die Butter vom Brot nehmen läßt, wird es schwer haben, weiter zu kommen. Mehr gibt es zu diesem alles andere als überzeugenden Spiel nicht sagen. Vielleicht reicht es dennoch, um den Italienern ein Bein zu stellen.

Italien:
Das Spiel über weite Strecken in des Gegners Hälfte halten zu können, reicht nicht. Gute Torchancen wurden sich dabei nämlich kaum erspielt. Mangelndes Engagement kann man den Italienern nicht vorwerfen, die Abwesenheit von spielerischer Klasse schon. Wer das Gezeigte allerdings mit den Leistungen anderer Favoriten vergleicht, sollte die Stärke des Gegners mit ein berechnen. Und: Eine schlechte Vorrundenleistnug hat Italien noch nide daran gehindert, weit zu kommen.

Paraguay:
Gut verteidigt gegen den großen Favoriten der Gruppe. Offensiv allerdings, aus meiner Sicht, ein wenig enttäuschend – es ist natürlich völlig legitim, sich gegen Italien weitesgehend auf die Defensive konzentrieren zu wollen, von den Paraguayos hätte ich allerdings erwartet, dass sie sich mehr zutrauen. Genau genommen kamen mir sogar Zweifel, ob sie viel mehr können. Für das Achtelfinale müsst es trotzdem reichen.

Elfenbeinküste:
Gruppe G gilt gemeinhin als Todesgruppe, bei der eine starke Mannschaft auf der Strecke bleiben muss. Und genauso spielten die Afrikaner: Bloß nicht verlieren, vielleicht eine kleine Sensation gegen Brasilien schaffen und ansonsten höher als die anderen beiden Gruppenfavoriten gegen Nordkorea gewinnen. Defensiv war das gut, offensiv völlig fruchtlos.

Portugal:
Siehe Elfenbeinküste. Christiano Ronaldio hat einmal beinahe geheult, als er in der 11. Minute nur den Pfosten traf.

Brasilien:
Gegen die Mann und Maus verteidigenden Nordkorea war Geduld angesagt. Etwas für das die Südamerikaner nicht gerade berühmt sind. Hatten sie trotzdem, bis sie schließlich die Lücke fanden und das Spiel auch verdient gewannen. Viel Aussagekraft in Hinsicht auf das weitere Auftreten der Brasilien hatte das Spiel allerdings nicht, Abgesehen von der belegbaren Vermutung, dass Lucio nicht mehr der schnellste ist.

Nordkorea:
Mann und Maus, mit Leib und Seele – die Verteidigung war das oberste und einzige Prinzip der Asiaten. Das haben sie gegen den fünffachen Weltmeister und Titelfavoriten gut gemacht. In Gefahr bringen konnten sie die Südamerikaner allerdings nie wirklich, dazu fehlten in der Offensive Präzesion, die oftmals zugunsten von Geschwindigkeit im Passpiel verloren ging.

Honduras:
Gestartet als einer der exotischen Außenseiter haben die Honduraner auch nicht viel mehr bieten können als das. Immerhin einen recht guten Torwart konnten sie aufweisen. Am Ende mussten sie sich allerdings beim Gegner und dessen mangelnder Chancenverwertung bedanken, dass die Niederlage nicht höher ausfiel.

Chile:
Die Unterschätztesten zeigten, warum sie als 2. die südamerikanische Qualifikation abschloßen: Schwungvoller und technisch versierter Fußball, dem man allerdings anmerkte, dass der wichtigste Mann, Stürmer Humbero Suazo fehlte: Deutlich höher hätte der Sieg gegen Honduras ausfallen müssen. Ob das Gezeigte etwas über die Stärke der Chilenen aussagt, oder “nur” auf die eher schwache Vorstellung der Honduraner, wird sich zeigen müssen.

Spanien:
Böse, böse, böse. Circa siebenunddreisstausendmillionen Prozent Ballbesitz. Zwischendurch sehr guten Fußball gespielt, mit Ballstaffetten, wie sie selten zu sehen waren bei dieser WM. Einmal an der Latte und unzählige Male am Schweizer Torwart Benaglio gescheitert. Nur zwei Torchancen zugelassen. Und trotzdem verloren. Viel gibt es nicht zu meckern, vielleicht die fehlende Präzesion beim letzten Pass und ein wenig Kuddelmuddel in der Abwehr bei den beiden Chancen der Schweizer. Honduras sollte schlagbar sein, gegen die Chile muss es dann sitzen.

Schweiz:
Die größte Überraschung. Allerdings nur vom Ergebnis. Ansonsten zeigten die Schweizer lediglich, dass sie es schaffen können, 96 Minuten den eigenen Strafraum zu verteidigen. Was sie mit Verve und Tücke taten. Zudem: Diese WM scheint ein Turnier der bemerkenswerten Torhüterleistungen zu werden, ob so oder so, ob durch großartige Paraden oder Klamaukvorstellungen wie im Falle des Kameruner Torwarts. Diego Benaglio gehörte eindeutig zur ersteren Sorte.

The Sound of Weltmeisterschaft

Das Schöne am Fußballgucken ist, neben dem Fußball selbst natürlich, die Art des Fußballguckens. Die ist nämlich anders, von Stadion zu Stadion. Das heißt: Mittlerweile leider nicht mehr, jedenfalls was die großen bundesdeutschen Stadien angeht, da ist ein Ultragesang wie der andere. Aber es gibt sie noch, die Kleinodien der Fußballkultur, in denen eine eigene Art des Fußballgeniessens und -feierns vorhanden ist.

Das Schöne an Fußballweltmeisterschaften, neben dem Fußball selbst natürlich, ist, daß sie den Zuschauer entführen, in fremde Kulturen. Auch in fremde Fußballkulturen. Dass in Südafrika rund um die Uhr (also: in neunzig Minuten) die Tröte erklingt, wenn der Ball läuft, ist normal. Für Südafrika. Für Deutschland, Frankreich oder England nicht. Diese Weltmeisterschaft aber findet weder in Deutschland, noch in Frankreich und auch nicht in England statt. Und in Südafrika wird getrötet.

Das mag man schade finden, gerade im Hinblick auf die in Europa übliche Form der Unterstützung, den Gesang, der dadurch verloren geht. Die nach zwei Spielen der Weltmeisterschaft 2010 allerdings allerortens vorgetragene Forderung, die Vuvuzelas mögen auf alle Zeiten verstummen oder wenigstens vom mächtigen Sepp verboten werden, zeugen von einem plumpen, eurozentristischen Weltbild, dass die Schwarte kracht: Diese Afrikaner, was bilden die sich eigentlich ein, dass die diesen Lärm während eines Fußballspiels machen, statt gesittet, wie unsereins, besoffene, unsinnige, sich ewig wiederholende und sich durch mangelnde Intelligenz in Inhalt und Grammatik auszeichende Gesänge von sich zu geben? Was bilden die sich eigentlich ein, nicht so zu sein wie wir und kann man das denen nicht verbieten?

In Osteuropa ist ein Fußballfan nur ein jämmerlicher Blender, wenn er nach neunzig Minuten nicht mehrere Zentner Sonnenblumenschalen auf dem Boden neben seinem Platz vorweisen kann. Fußball ist anders, überall. Und das ist spannend und gut so.

Doing the time warp: Was übrigblieb in meinen Erinnerungen

1974.
Ich bilde mir ein, Erinnerungen zu haben. An ein Fernsehbild. Orangefarbene Trikots laufen vor meinem inneren Auge durch das heimatliche Wohnzimmer.
Das problematische an dieser Erinnerung: Das heimatliche Fernsehempfangsgerät bot seinerzeit nur Schwarz-Weiss. Irgendwer lügt hier.

1978.
Im Grunde meine erste ernsthafte Fußballerinnerung. Ärgerlich, denn: Einen Monat zuvor wurde der FC deutscher Meister – was somit knapp an meiner fußballerischen Bewußtseinswerdung entlang schrammte. Stattdessen bekam ich Cordoba. Dazu eine dröge Mannschaft, in der die Stars Bonhof und Vogts hießen. Fußballelend was my first love. Und das Endspiel, Mario Kempes mit dem Pokal in der Hand, um ihn herum durch das Stadion wehender Glitter.

1982.
Die ’78 gerissenen Wunden waren schon 1980 durch Hrubesch getilgt worden. 1982 war ein großartiges Turnier, trotz Gijon, trotz der Finalniederlage, denn es bot auch das Halbfinale zwischen Deutschland und Frankreich. Dieses Spiel machte alles andere wett, mein persönliches Spiel des Jahrhunderts. Was auch damit zusammenhängen mag, dass der Schütze des des 3:3 Klaus Fischer war. Auf schönste und artistischste Weise erzielt. Und das mir, als schon lange bekennenden Klaus Fischer Fanboy. Anschließend mein erstes Elfmeterschießen.

1986.
Deutscher Rumpelfußball. Ein gutes Spiel gegen Frankreich, zehn gute Minuten im Finale, in dem ausgerechnet der Tünn patzte – das wars. Die handfesten Erinnerungen sind rar gesäht. Schön war da nichts. Jedenfalls aus deutscher Sicht. Ansonsten gabs Maradona, Maradona, Maradona. Und die Hand Gottes. Was ja nicht Maradona war, sondern eben Gott. Was wiederum deckungsgleich ist. Verrückte Mythologie!

1990.
Eigentlich war Fußball nur halb so wichtig seinerzeit, aber trotzdem ist diese WM sehr präsent: Der deutsche Auftakt gegen Jugoslawien, Rudolf Völler und seine bespuckte Minipli Frisur, zwei hochdramatische Halbfinals – es gab so manchen Höhepunkt. Zum Finale ging ich in zum ersten Mal in meinem Leben in eine Kneipe um Fußball zu gucken, was angesichts des damaligen allgemeinen Fußball-Sehverhaltens durchaus als Trendsetzerei betrachet werden kann – jedenfalls verloren sich nur wenige Zuschauer in der Lokalität, was meinen Nebenmann nicht daran hinderte, mir bei der Verwandlung des erschlichenen, aber verdienten Elfmeters die Brille von der Nase zu boxen. Völlig unabsichtlich, versteht sich. Hat er jedenfalls behauptet.

1994.
Fußball war immer noch nicht so richtig wichtig. Diesmal allerdings mit der Folge, dass auch nicht viel hängen blieb in der Erinnerung. Genau genommen eigentlich nur ein deutsches Spiel gegen Südkorea, das beinah noch verloren ging, Yordan Letchkov und das langweiligste Finale aller Zeiten. Mindestens. Ich gähne jetzt noch.

1998.
Deutscherseits die konsequente Fortsetzung der 94er WM mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln: Wörns. Hamann. Jeremies. Tarnat. Heinrich. Uralt Matthäus. Fußballerische Brillanz sah auch damals schon anders aus. Kleines, noch nicht dickes Ronaldo tanzt durch das Turnier und ist gottseidank im Finale mit etwas anderem beschäftigt als Fußball zu spielen, dafür durfte der eh viel sympathischere Zidane das Ding für die eh viel sympathischeren Franzosen klar machen. Schön.

2002.
Viele bunte Erinnerungen kommen auf und das nicht nur, weil das Turnier zeitlich noch näher dran ist. Die weinenden Italiener, die einmal im Leben erfahren mussten, wie es ist, durch Beschiss rauszufliegen – sonst rollen sie sich ja gerne theatralisch auf der anderen Seite. Titan Kahn, der im Finale, dem einzigen wirklich guten Spiel der deutschen Mannschaft, den Tünn machte. Das ca. 468ste Aufeinandertreffen Argentiniens und Englands bei einer WM. Und: Regelmäßiges Gruppenfrühstücken morgens um halb Neun in meinem überfüllten Wohnzimmer.

2006.
Einmal wollte ich es mir von der Nähe ansehen: Dieses Fanmeilendingens da in der Mitte Berlins. Weil aber in diesem Sommer der neuentdeckten Fußballkneipen soviel zu tun war, fiel dann ohne weitere Erklärung die Wahl auf das vielversprechende Viertelfinale Schweiz vs. Ukraine. OK, „vielversprechend“ ist natürlich ganz und gar gelogen, „nichtsversprechend“ wär korrekter – insofern ein Spiel, das Extremes versprach und auch genau dies hielt. Null Torchancen auf beiden Seiten in 120 Minuten, so jedenfalls will es meine Erinnerung, dazu noch vier verschossene Strafstöße im Elfmeterschießen. Der vorher vermutbaren Attraktivität dieser Begegnung angemessen, war die Fanmeile ziemlich leer (scheißeteuer natürlich auch) und es war wohl der einzige Tag, während des ganzen Turniers, an dem es regnete. Super Sache, so eine Fanmeile.