Sehr geehrter Herr Spinner,

erinnern Sie sich noch? Damals, als Sie nach den langen, düsteren Jahren des Sonnenkönigs an der Spitze des glorreichen 1.FC Köln von dessen Mitgliedern zum Präsidenten gewählt wurden? Ihre Wortmeldungen an diesem Tag, erinnern Sie sich? Bevor Sie gewählt wurden, sagten Sie: „Das Wichtige ist, dass man alles in Teamarbeit und mit allen Gremien zusammen macht“ und hinterher, nachdem Sie gewählt wurden von den Mitgliedern, die erleichtert waren, dass da endlich jemand an der Spitze des Vereins stand, der sich, so schien es, nicht wichtiger nimmt als die Mitglieder selbst: „Mit diesem Votum haben Sie den ersten Schritt zur Vereinigung des Vereins unternommen“.

Zugegeben, der Verein stand damals mit dem Rücken zur Wand. In jeder Hinsicht. Finanziell lugte der Bankrott um die Ecke, sportlich stand die Mannschaft vor dem fünften Abstieg, Vorstand, Trainer und Sportdirektor waren fort und innerlich schien der Verein zu zerbrechen. Zwischen Verein und den verschiedenen Fangruppen war ein großer, tiefer Graben entstanden, ein Klima des Misstrauens und der gegenseitigen Abneigung.

Und dann begannen Sie zu arbeiten. Und Sie arbeiteten gut. Sie retteten den Verein vor dem Bankrott, stellten den Verein langsam aber behutlich sportlich neu und erfolgreich auf und, vor allem, gingen auf die Fans zu. “Wir teilen den Fans mit, was uns wichtig ist. Sie teilen uns mit, was ihnen wichtig ist. Die Fans diskutieren untereinander. Wir haben eine gewisse Normalität im Dialog erreicht. Die Etablierung der Kommunikation ist Tagesgeschäft geworden” sagten Sie dazu, und das war gut so. Denn das, so schienen Sie erkannt zu haben, ist der einzige Weg einen Verein zu führen. Miteinander zu reden, zu streiten, womöglich nicht immer mit Samthandschuhen, aber eben immer in Fairness. Vermutlich war das wichtiger als die finanzielle oder sportliche Rettung, die Rettung der Seele des Vereins.

Das war damals, fünf Jahre ist es her. Und doch scheint derzeit mehr als ein Jahrhundert her zu sein. Oder, um es mit anderen Worten zu sagen: Wer sind Sie, und was haben Sie mit Werner Spinner gemacht?

Ich möchte an dieser Stelle nicht die Diskussion um die Inhalte der Satzungsänderungsinitiative „100% FC“ führen. Das wäre sicher auch wichtig, aber bevor wir diese Diskussion führen können, müssen wir Sie, Herr Spinner, leider noch einmal an Grundlegendes erinnern. Anlass dafür ist, das haben Sie sicher schon erraten, Ihre Reaktion auf eben jene Satzungsänderungsinitiative. Durch diese Initiative, so verkündeten Sie den zur Saisoneröffnung gekommenen Massen, würde „Misstrauen hereingebracht“. Dies waren nach Wochen des Schweigens des Vorstandes zu dieser Initiative die ersten Worte und sie sind, schlimm, denn sie sind vergiftet.

Ihr einziger Zweck scheint die Diffamierung der Ihnen offenbar missliebigen Initiative zu sein. Als ich in deren FAQ das erste Mal las, war ich positiv überrascht. Viel Mühe hatten sich die Initiatoren gegeben, um zu erklären, dass Sie, Herr Spinner, und der übrige Vorstand bisher wirklich gute Arbeit geleistet hatten. Dass es eben nicht darum ginge, Ihnen und dem Vorstand im Allgemeinen und im Besonderen zu misstrauen. Sondern dass eben die Werte, die Sie am Anfang wieder und wieder zu Recht predigten, dass das Miteinander für den Verein, auch dann wichtig sind, wenn es um Ziele geht, die Ihnen vermutlich inhaltlich missfallen.

Ich lese Ihre Worte von damals, Herr Spinner und lese Ihre Worte von jetzt und ich frage mich, was ist nur geschehen? Wie kann es sein, dass Sie plötzlich wirken, als seien Sie der leibhaftige Sonnenkönig, der beleidigt ist, weil seine Untertanen (sic!) nicht so wollen, wie er will? Ich frage mich, Herr Spinner, war das schon immer so und Ihre damaligen Worte bloß Blendwerk, heißer Rauch, das Papier, auf dem sie fortan aufgeschrieben wurden, nicht wert? Oder ist Ihnen der sportliche Erfolg, an dessen Erringen Sie unzweifelhaft Teil hatten, zu Kopf gestiegen?

Vor dem Verein, das wissen Sie genauso gut wie ich, liegen schwere Zeiten. Von der sportlichen Herausforderung in Kombination mit den in den Himmel gewachsenen Ansprüchen mal ganz zu schweigen, sind die Themen Stadion, Müngersdorf und eben ein potentieller Teilverkauf des Vereins an einen investierenden Spekulanten extrem sensible Gebiete. Gebiete, bei denen es mit aller Vorsicht zu steuern und zu lotsen gilt, wollen wir nicht alle zusehen, wie der Klub sich wieder in seine hunderttausend Bestandteile auflöst. Sie haben offenbar beschlossen anstelle eines behutsamen Miteinanders Kanonen in Stellung zu bringen. Das ist nicht nur sehr enttäuschend, sondern bewirkt auch genau das, was Sie der Initiative „100% FC“ vorwerfen: Sie säen Misstrauen. In Sie, den Vorstand und Ihre Fähigkeit diesen Verein auch weiterhin zu führen. So schwer mir das nach den tollen fünf vergangenen Jahren fällt zu schreiben.

Ich verstehe das nicht. Ich hielt Sie immer für einen schlauen Menschen, und nicht jemanden, der aus getroffener Eitelkeit heraus mit dem Ölfass ums Feuer tanzt. Offenbar habe ich mich geirrt. Das ist sehr enttäuschend.

Mit freundlichen Grüßen,
icke.